Kleine Parteien "benachteiligt und schikaniert"? Breites Spektrum verhindert Verkrustung der Politik
Einer Vielzahl auch von "unpolitischen" Hindernissen sehen sich die kleineren Parteien in Deutschland ausgesetzt. Die Palette der Probleme, die von 17 Vertretern kleinerer Parteien bei einer Tagung des Instituts für Deutsches und Europäisches Parteienrecht der FernUniversität Hagen genannt wurden, reichte von "undurchsichtiger Prüfung" der Parteieigenschaft durch den Bundeswahlausschuss über die als "zufällig" oder sogar "schikanös" empfundene Verfahrensweise des Bundeswahlleiters bei der Prüfung von eingereichten Unterlagen bis hin zur uneinheitlichen Handhabe der Finanzämter bei der Anerkennung als Partei. Beim Zugang zu den Medien fühlen sie sich ebenso gegenüber den großen Parteien benachteiligt wie in finanziellen Fragen. "Dabei", so der Direktor des Instituts, Prof. Dr. Martin Morlok, "ist der demokratische Wirkungsgrad gerade der weit über 100 kleineren Parteien in Deutschland wesentlich größer als ihr konkreter parlamentarischer Einfluß."
Ihre Rolle besteht zunächst darin, den bestehenden Wettbewerb in der Politik zu beleben. Ohne sie, so der Hagener Rechtswissenschaftler, droht die Gefahr der Verkrustung der bisherigen Einflußstrukturen, nicht zuletzt durch Quasi-Kartelle der etablierten Parteien, die sich auf technische Änderungen nicht einstellen und auf den Wertewandel nicht schnell genug reagieren könnten. Kleine Parteien können daher als Indikator für Einstellungsänderungen und Phänomene des Wertewandels dienen. Oft formulieren sie neue Problemstellungen, die aus technischen oder gesellschaftlichen Veränderungen resultieren und die (zunächst) von Minderheiten wahrgenommen werden, schneller und sensibler als die bislang erfolgreichen Parteien.
Neue Ideen und Auffassungen können oft sogar nur über neue Parteien in die Diskussion eingebracht werden. Zwar ist es eher selten, dass kleine Parteien mit einem neuen oder vernachlässigten alten Anliegen in Parlamente einziehen. Sie erzielen aber oft Achtungserfolge, so dass die bisher erfolgreichen Parteien diese Themen aufgreifen.
Nicht zuletzt sind sie Auffangbecken für ein breites politisches Protestpotential. Nahezu jeder kann in einer der Parteien ein Betätigungsfeld finden und sich systemkonform für politische Anliegen und für Politikziele einsetzen, die nicht im politischen "Mainstream" liegen.
Das Hagener Institut für Deutsches und Europäisches Parteienrecht, dessen Direktor Prof. Morlok als Nachfolger von Prof. Dr. Dimitri Th. Tsatsos MdEP ist, wird die aufgeworfenen Fragen und Probleme nun weiterverfolgen.
Weitere Information im Internet unter http://www.fernuni-hagen.de/law/aktuell/bericht.htm
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