Eine vorsichtige Annäherung und Erinnerung an Deutschlands furchtbare Vergangenheit
"Hier in Clausthal-Zellerfeld habe ich zum ersten Mal mit einem Palästinenser gesprochen", erzählt Zohar Shinar. Der Student der Elektrotechnik und Reserveoffizier der israelischen Luftwaffe ist in diesem Sommer im Rahmen des studentischen Austauschprogramms IAESTE für zwei Monate zu Gast an der TU Clausthal.
"In Israel gehe ich nie in die vornehmlich von Palästinensern bewohnten Gebiete. Hier bin ich auf neutralem Boden, und so konnten wir miteinander sprechen", ergänzt er. "Der Kontakt mit Menschen aus anderen Ländern, ihren Lebensstil und ihre Anschauungen kennenlernen und erfahren, wie sie über Israel denken, das war für mich ihn die wichtigste Erfahrung während seines Deutschlandaufenthaltes", sagt Zohar Shinar.
Seine Familie stammt aus Polen. Sein Großvater lebte in einem jüdischen Ghetto in einer kleinen polnischen Stadt. Die Nazis zwangen ihn den Stacheldrahtzaun um das Ghetto zu ziehen. Mit anderen Jugendlichen faßte er den Entschluß zu fliehen. "Und es war für meinen Großvater besonders hart, daß er niemandem, auch keinem Familienangehörigen, bis zwei Stunden vor der tatsächlichen Flucht von dem Plan erzählen durfte", erinnert sich Zohar Shinar an die Berichte seines Großvaters. "Bis auf meinen Urgroßvater sind alle meine Familienangehörigen schon während des Ausbruchsversuches getötet worden. Nur mein Großvater kam durch. Er hat als Partisan in Polen gegen die Nationalsozialisten gekämpft. Nach dem Krieg wanderte er nach Israel aus und verteidigte den jungen jüdischen Staat 1948, als die arabischen Staaten Israel am Tag nach der Staatsgründung überfielen.
Mit Zohar Shinar ist der Informatikstudent Eldad Levy aus Rishon-el-Zion, einem Ort in der Nähe Tel Avivs, in diesem Sommer in Clausthal-Zellerfeld. Er berichtet von dem schwierigen Miteinander der Juden in Israel: " Eine Konfliktlinie ist die religiöse: säkular, weltliche Juden und orthodoxe. Eine zweite Trennungslinie verläuft zwischen dem hochgebildeten Ashkenazy-Establishment, deren Mitglieder bislang weitgehend das Land regierten, und Juden, die aus Afrika oder Fernost nach Israel kommen. Sie gehören traditionell zu den Unterschichten in Israel. Und mit dem neuen israelischen Präsidenten Moshe Katsav ist zum ersten Mal ein Vertreter dieser Nationalitäten in die Regierungsverantwortung gewählt worden. "Und mit ihm ist das Thema der innerjüdischen Gerechtigkeit ganz oben auf der politischen Themenliste angesiedelt."
Tel-Aviv, die Stadt an der Mittelmeerküste, aus der die beiden kommen, wirbt mit dem Slogan für sich, eine 24-Stunden-Stadt zu sein. Vergnügen, Freizeit und Spaß rund um die Uhr. Da ist Clausthal-Zellerfeld natürlich ein Kontrast. "Für zwei Monate genießen wir das", sagen beide übereinstimmend. "Im August war es warm. Die Natur ist hier sehr schön, wir gehen gerne schwimmen. Abends nach der Arbeit im Institut in Ruhe ein Buch lesen, oder andere IAESTE-Studenten treffen, und am Wochenende reisen, das war unser Rhythmus", sagt Eldad Levy.
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