Nimmt der Mensch Abschied von Gott?
Einerseits scheint Gott allmählich aus dem Leben der Menschen in den westlichen Gesellschaften zu verschwinden. Andererseits ist er nach wie vor präsent: in der Musik, im Film, in der Literatur. Was leistet der Gottesbegriff heute und was geht verloren, wenn Gott "verdunstet"? Mit diesen Fragen setzen sich die Teilnehmer einer internationalen Tagung an der Universität Würzburg auseinander.
Prof. Dr. Dr. Hans-Georg Ziebertz vom Würzburger Lehrstuhl für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts hat hierzu 25 Wissenschaftler aus zehn Ländern Europas und aus Israel eingeladen. Von Donnerstag bis Sonntag, 7. bis 10. Dezember, wollen sie Forschungsergebnisse zu der Frage bündeln, welche Gottesbeziehung Heranwachsende in Europa unterhalten.
Die Teilnehmer der Tagung "Imagining God in Europe - Disappearance or Change?" sind Theologen, Religionswissenschaftler und Soziologen. Sie werden vor allem aus ihrer eigenen Forschungspraxis referieren, und zwar in englischer Sprache. Die Tagung wird unterer anderem vom Universitätsbund Würzburg unterstützt.
Prof. Ziebertz: "Es besteht kein Zweifel, dass sich die persönliche Religiösität und die religiösen Institutionen in Westeuropa im Umbruch befinden." Das einstmalige "christliche Abendland" trage heute alle Zeichen einer weltanschaulich vielgestaltigen Gesellschaft. Dies habe aber nicht nur zur Folge, dass zunehmend von einem "Abschied von Gott" gesprochen werde, sondern dass neben das christliche Gesicht Gottes andere Gesichter treten.
Die Wissenschaftler werden in Würzburg erstens der Frage nachgehen, wie dieser Veränderungsprozess beschaffen ist: Was bedeutet Gott für junge Menschen von heute, welche Inhalte verbinden sie mit Gott und wie kommt Gott in ihrem praktischen Leben vor? Um hiervon ein Bild zu bekommen, wurden in der Vergangenheit in Europa viele Studien durchgeführt.
Ein zweiter Schritt wird sein, die Befunde in einem größeren Rahmen zu deuten. Bisher ging man davon aus, dass mit einer fortschreitenden Modernität fast zwangsläufig ein Rückgang von Religiösität verbunden sein würde. Heute hält man dieser Theorie entgegen, dass Religion und Gottesglaube nicht einfach verschwinden, sondern dem Inhalt und der Form nach mehrdeutiger und bisweilen auch undeutlicher werden.
Die dritte Aufgabenstellung liegt in der theologischen und geistesgeschichtlichen Bewertung der Befunde. Ist damit zu rechnen, dass sich in Europa eine kulturelle und geistige Entwicklung abzeichnet, an deren Ende ein "Abschied von Gott" steht? Werden sich dadurch die Lebensgewohnheiten der Menschen, ihre Lebensorientierung und ihre Lebensziele verändern?
Die Vorträge finden im Burkardushaus, Am Bruderhof 1, sowie im Senatssaal der Universität am Sanderring statt. Anmeldungen und Informationen zum Programm sind erhältlich unter T (0931) 888-4839, Fax (0931) 888-4840, E-Mail:
kath.rp@mail.uni-wuerzburg.de
Weitere Informationen:
http://www.uni-wuerzburg.de/religionspaedagogik/WRD.htm