Waldenfels: Auch wir brauchen eine neuen Umgang mit dem Fremden
Bekannter Bochumer Philosoph hält vor etwa 100 Ehemaligen der Universität Witten/Herdecke Vortrag über die Anschläge des 11. September
Der Philosoph Bernhard Waldenfels hat bei einem Vortrag vor Ehemaligen der Universität Witten Herdecke dafür plädiert, wachsam zu sein gegenüber Fundamentalismen in der westlichen Kultur. Mit Blick auf die Terroranschläge des 11. September 2001 in New York sagte Waldenfels, auch der Westen müsse "einen neuen Umgang mit dem Fremden lernen."
Der bekannte Phänomenologe kritisierte vor etwa 100 Zuhörern im Richtersaal der Universität den unreflektierten Umgang mit Krieg und Gewalt: "Es gibt keinen gerechten Krieg, egal von welcher Seite und es gibt auch keine Lösung für Gewalt", erklärte Waldenfels mit Blick auf die militärischen Reaktionen der Amerikaner nach dem 11. September. Der Philosoph plädierte dafür, Gewalt nicht mehr quantitativ aufzurechnen, um damit Gegenschläge zu rechtfertigen, sondern die Wurzeln des "Gewaltgeschehens selbst" in den Blick zu nehmen. Insofern bürgen die Anschläge des 11. September auch die positive Chance, sich Fundamentalismus- und Gewaltstrukturen gegenüber anderen Kulturen in der unserer Welt bewußt zu werden.
Für den Philosophen besteht die neue Qualität der Terroranschläge in New York darin, dass sie durch ihren hohen Symbolgehalt die westliche Lebensauffassung radikal in Frage stellten. Im Westen sei der Tod das höchste Übel, das einem widerfahren könne und damit allgemein als eine letzte Grenze akzeptiert. Anders bei den Terroristen. Ihrer Negation des Todes als dem höchsten Übel bewirke, dass die alten Formen der Gewaltbekämpfung ins Leere laufen. Denn letztlich habe die westliche Wertegemeinschaft, auch in ihrem Strafsystem, immer darauf gebaut, dass selbst der schlimmste Täter vor dieser letzten Grenze - der Aufgabe des eigenen Lebens - zurückschrecke. Deshalb sei die Verunsicherung des Westens angesichts der Terroranschläge so groß.
Wegen der regen Diskussion nach dem Vortrag war die ursprünglich bis 18 Uhr terminierte Veranstaltung erst gegen 18.30 Uhr zu Ende.
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