Fehlenden Massen auf der Spur
FEHLENDEN MASSEN AUF DER SPUR
Eines der faszinierendsten Geheimnisse der Astrophysik ist das Problem der sogenannten "fehlenden Massen." Errechnet man die Masse von Himmelskoerpern auf der Grundlage des von ihnen emittierten Lichts, ergibt sich ein weit geringerer Wert als bei der Errechnung der Masse anhand der Newtonschen Gesetze der Gravitation und der Bewegung. Eine Theorie zur Erklaerung dieses Raetsels ist die Existenz unsichtbarer oder "dunkler" Materie, die kein Licht oder andere Strahlung abgibt und daher unerkannt bleibt. Prof. Mordechai Milgrom von der Abteilung Festkoerperphysik des Instituts vertritt einen radikal anderen Erklaerungsansatz.
Laut Milgrom loest sich das Mysterium in Luft auf, wenn wir die Newtonschen Gesetze bei der Berechnung gigantischer Galaxien modifizieren. In einer Studie, die in der Zeitschrift Astrophysical Journal (Maerz 20, 1997, Vol 478) veroeffentlicht wurde, liefert Milgrom neue Beweise fuer diese Theorie und wendet sie auf die groessten bisher bekannten Massekoerper an - Super-Haufengalaxien, die die Form langer Faeden haben und auch als Riesenfilamente bezeichnet werden.
Milgrom behauptet, dass die Newtonsche Physik fuer Himmelskoerper wie Planeten und Sterne ihre Gueltigkeit hat, nicht jedoch fuer komplexere Gruppierungen dieser Koerper. So ist zum Beispiel nach dem Newtonschen Traegheitsgesetz die Kraft (F), die zu einer beliebigen Beschleunigung (a) eines Massekoerpers (m) benoetigt wird, gleich dem Produkt von m und a, d. h. F = ma. Milgrom behauptet, dass fuer sehr geringe Beschleunigungen - wie sie in komplexen Gruppen von Himmelskoerpern wie Galaxien auftreten - die Kraft dem Quadrat der Beschleunigung entspricht. Diese und andere Modifizierungen der Newtonschen Physik koennten eine erhebliche Auswirkung auf die Erforschung des Ursprungs und des Aufbaus des Universums haben.
In frueheren Studien wurden Milgroms Berechnungen auf Galaxien (mit Durchmessern von Zehntausenden von Lichtjahren), auf Haufengalaxien (einige Millionen Lichtjahre Durchmesser) und Super-Haufengalaxien (einige 10 Millionen Lichtjahre Durchmesser) angewandt. In seiner juengsten Studie wurden die Berechnungen auf Riesenfilamente angewandt, hochkonzentrierte Ansammlungen von Super-Haufengalaxien, die jeweils rund 200 Millionen Lichtjahre Laenge haben. Berechnet man die Masse solcher Koerper nach Milgroms Theorie - man nennt sie Modified Nonrelativistic Dynamics - dann stimmen die Ergebnisse mit den Abschaetzungen der Masse aufgrund des emittierten Lichts ueberein.
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