Das Jahr 1798 - Eine Zeitenwende für die arabische Welt
Gastvortrag von Stephan Conermann
Für Edward Said, den Verfasser des vieldiskutierten Werkes Orientalism (London 1978) stellt der Einmarsch Bonapartes in Ägypten im Jahre 1798 den 'orientalistischen Sündenfall' dar. Zum ersten Mal sei, so Said, eine Invasion europäischer Mächte in ein außereuropäisches Land mit einer organisierten wissenschaftlichen Forschung verbunden worden, deren Ziel die diskursive Aneignung der fremden Vergangenheiten war. Eine Zeitenwende für die arabische Welt also? Diese These klingt verlockend. Es gilt allerdings zu berücksichtigen, dass der eigentliche Orientalismus als ein nach Dominanz strebender westlicher Diskurs erst im Rahmen einer auf Dauer angelegten Herrschaft und der gleichzeitigen Herausbildung einer politischen Öffentlichkeit bleibende Auswirkung auf die einheimischen arabischen Gelehrten hatte.
Das Thema behandelt ein Gastvortrag auf Einladung des Lehrstuhls Islamwissenschaft der Philosophischen Fakultät. Dr. Stephan Conermann wird am Freitag, dem 14. Dezember um 19.00 Uhr im Lehrgebäude 4, Raum D03, auf dem Campus in der Nordhäuser Straße 63 sprechen.
Conermann ist Hochschulassistent am Seminar für Orientalistik, Abteilung Islamwissenschaft der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Zu seinen, in der Orientalistik nach wie vor eher unüblichen, breit gefächerten Forschungsinteressen zählen Transformationsprozesse innerhalb islamischer Gesellschaften im Zeitalter des europäischen (Post-)Kolonialismus und (Post-)Imperialismus; gegenseitige Wahrnehmung islamischer und europäischer Kulturen, Islam in Indien und Zentralasien, und muslimische Historiographie bzw. muslimisches Geschichtsbewusstsein.