Jean Claude Zehnder wird Ehrendoktor: Doppelt begabt
Vor allem wegen seiner künstlerisch-wissenschaftlichen Doppelbegabung wurde Jean Claude Zehnder die Ehrendoktorwürde der Universität Dortmund verliehen. Die Feier zur Würdigung des großen Bach-Kenners fand am 31. Januar im Hörsaal der Fakultät Maschinenbau statt.
Zur feierlichen Ehrenpromotion eingeladen hatte der Fachbereich Musik, Kunst, Textilgestaltung, Sport und Geographie. Die Festansprache hielt der bekannte Cembalist Prof. Dr. h. c. Gustav Leonhardt, ebenfalls Koryphäe auf dem Gebiet der Bach-Forschung. Rektor Prof. Dr. Dr. h. c. Albert Klein nahm die Verleihung des Doktors der Philosophie ehrenhalber vor. Prof. Dr. Martin Geck, Emeritus des Instituts für Musik und ihre Didaktik, hielt die Laudatio. Verbunden mit seinem langjährigen Wirken sind die Bach-Tage der Universität Dortmund. Geck selbst gehört zu den namhaften Bach-Forschern Europas und initiierte die Würdigung Zehnders durch eine Ehrenpromotion.
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Meister an alter Orgel
Jean Claude Zehnder ist international angesehen als Interpret alter Orgel- und Cembalomusik. Der Künstler und Wissenschaftler lehrt an der Schola Cantorum Basiliensis, der Hochschule für alte Musik an der Musik-Akademie der Stadt Basel. Als Organist am Dom zu Arlesheim bei Basel spielt er regelmäßig in den Gottesdiensten und Domkonzerten die Johann-Andreas-Silbermann-Orgel von 1761.
Zugleich ist er in der Bach-Forschung tätig, speziell auf dem Gebiet der Stilentwicklung im Frühwerk und der Interpretationsforschung. Er ist Dozent bei der Sommerakademie für alte Musik in Innsbruck und Mitinitiator der Orgelwochen in Muri und Arlesheim.
Der Schweizer wurde 1941 in Winterthur geboren. Studiert hat er am dortigen Konservatorium und an der Universität Zürich, später an der Musik-Akademie in Wien bei Anton Heiller und bei Gustav Leonhardt in Amsterdam. 1966 wurde er Organist und Chorleiter der Evangelischen Stadtkirche Frauenfeld, dann war er Orgel- und Cembalolehrer am Konservatorium in Winterthur. Seit 1972 ist er in Basel tätig.
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Bachs Instrumentalmusik birgt noch viele Rätsel
Zehnders philologische Bach-Forschung profitiert zusätzlich von den Mitteln, die ihm als profundem Kenner und Spieler der Werke zur Verfügung stehen. Die stilistische Entwicklung im Werk Bachs ist deshalb so wichtig, weil sich seine musikalische Sprache in einem ständigen Wandel befand.
Während die Bach-Forschung durch Ausschöpfung der philologischen Möglichkeiten zu einer zuverlässigen Chronologie seiner Vokalmusik gekommen ist, widerstehen große Teile von Bachs Instrumentalwerk solchen Bemühungen.
So schreibt Zehnder im Bach-Jahrbuch 1988: "Eine Entwicklungsgeschichte des musikalischen Stils von Johann Sebastian Bach zu entwerfen, ist eines der Fernziele der Musikforschung". Mit einer Reihe eigener Arbeiten brachte Zehnder dieses "Fernziel" näher.
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Junge Wissenschaft und alte Musik
Niemals wird es eine zwingende Chronologie wie bei den Vokalwerken geben können. Doch hat der Künstler und Wissenschaftler die stilistische Beurteilung von Bachs Instrumentalwerk durch detaillierte und präzise formulierte Kriterien aus dem Bereich der Meinung herausgezogen und mit wissenschaftlicher Methodik diskutierbar gemacht.
Bei der feierlichen Würdigung Zehnders erklangen die passenden Töne: Virginal*-Musik von William Byrd und John Dowland sowie Cembalomusik von J. S. Bach und Johann Pachelbel wurde gespielt von den Künstlern Peter Williams aus Cardiff, Michael Belotti von der Musikschule Freiburg und dem künftigen Ehrendoktor selbst. Katja Stiegel
* = Das Virginal ist ein altes englisches Tasteninstrument, vergleichbar dem Spinett.