Häufiger als vermutet: Hirninfarkt nach Herzoperation
Nach Bypass-Operationen am Herzen kommt es häufiger als bislang angenommen zu kleineren Hirninfarkten. Das haben Wissenschaftler von der Uni Würzburg mit Hilfe der Magnetresonanz-Tomographie nachgewiesen. Über ihre Arbeit berichten sie in der Juli-Ausgabe des Fachblatts "Archives of Neurology".
Nach Bypass-Operationen treten bei drei bis fünf Prozent aller Fälle ernsthafte neurologische Komplikationen auf, zum Beispiel Schlaganfälle oder vorübergehende starke Durchblutungsstörungen (Transitorische Ischämische Attacken, TIA). Als Ursache hierfür wird die Verstopfung von Blutgefäßen durch Gerinnsel angenommen.
Weitaus häufiger kommt es zu leichten neuropsychologischen Defiziten. Diese äußern sich beispielsweise in Störungen der Konzentrations-, Koordinations- oder Merkfähigkeit. Beispiel: Die Patienten haben Schwierigkeiten, sich über eine kurze Zeit Begriffe einzuprägen und diese dann zu wiederholen. Der Grund für derartige Defizite ist bislang nicht geklärt. Diskutiert werden unter anderem Einflüsse der Narkose oder eine Aktivierung von Entzündungsbotenstoffen durch den Kontakt des Blutes mit der Herz-Lungenmaschine.
Dieser Sache wollten Würzburger Mediziner von der Abteilung für Neuroradiologie und der Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie der Universität auf den Grund gehen: Sie unterzogen 30 Patienten kurz vor und drei Tage nach einer Bypass-Operation neurologischen und neuropsychologischen Tests sowie einer Magnetresonanz-Tomographie. "Hierbei wurde zum einen der Stoffwechsel des Gehirns untersucht, insbesondere ein Metabolit mit dem Namen N-Acetyl-Aspartat (NAA), der als Maß für die Unversehrtheit von Nervenzellen verwendet werden kann", wie der Neuroradiologe Dr. Martin Bendszus erklärt. Zum anderen wurden geringste frische Durchblutungsstörungen im Gehirn erfasst.
Ergebnis: Keine einzige Testperson litt an schweren neurologischen Ausfällen. Jedoch wurden bei neun Patienten (26 Prozent) kleinere Hirninfarkte festgestellt. Ferner kam es bei allen zu einem deutlichen Abfall der neuropsychologischen Testparameter. In eindeutigem Zusammenhang hiermit stand ein Absinken der Konzentration von NAA im Gehirn. Einige Patienten wurden noch länger untersucht: Dabei zeigte sich, dass sowohl die Testergebnisse als auch die NAA-Konzentration wieder besser wurden.
"Unsere Studie weist darauf hin, dass es nach Bypass-Operationen zu einer vorübergehenden Funktionsstörung von Nervenzellen kommt", so Dr. Bendszus. Weiterhin sei gezeigt worden, dass man mit einer Stoffwechseluntersuchung des Gehirns die ansonsten nicht eindeutig bestimmbare Minderung der Konzentrations-, Koordinations- und Merkfähigkeit nach herzchirurgischen Eingriffen messen kann. Diese Methode könnte für künftige Therapiestudien von Bedeutung sein.
Martin Bendszus, W. Reents, D. Franke, W. Müllges, J. Babin-Ebel, M. Warmuth-Metz, M. Koltzenburg, L. Solymosi: "Brain damage after coronary artery bypass grafting", Archives of Neurology, Juli 2002
Weitere Informationen: Martin Bendszus, T (0931) 201-1 (Zentrale), Fax (0931) 201-34471, E-Mail:
bendszus@neuroradiologie.uni-wuerzburg.de
Kurzfassung:
Häufiger als vermutet: Hirninfarkt nach Herzoperation
Nach Bypass-Operationen am Herzen kommt es häufiger als bislang angenommen zu kleineren Hirninfarkten, die nicht mit schweren Komplikationen einhergehen. Das haben Wissenschaftler von der Uni Würzburg nachgewiesen. Sie unterzogen 30 Patienten kurz vor und drei Tage nach einer Bypass-Operation neurologischen und neuropsychologischen Tests sowie einer Magnetresonanz-Tomographie. Dabei wurden geringste Durchblutungsstörungen erfasst sowie die Konzentration von N-Acetyl-Aspartat (NAA), das als Maß für die Unversehrtheit von Nervenzellen verwendet werden kann. Ergebnis: Keine einzige Testperson litt an schweren neurologischen Ausfällen. Jedoch wurden bei neun Patienten (26 Prozent) kleinere Hirninfarkte festgestellt. Ferner kam es bei allen zu einem deutlichen Abfall der neuropsychologischen Testparameter und der NAA-Konzentration, welche einen engen Zusammenhang miteinander aufwiesen. Die Studie zeigt, dass man mit einer Stoffwechseluntersuchung des Gehirns die ansonsten nicht eindeutig bestimmbare Minderung der Konzentrations-, Koordinations- und Merkfähigkeit nach herzchirurgischen Eingriffen messen kann. Diese Methode könnte für künftige Therapiestudien von Bedeutung sein.