RUB-Studie zur Online-Gesundheitsberatung: "Vom Sprechzimmer ins Internetcafé"
Die unzähligen Internetangebote rund um medizinische Themen verändern das Verhältnis zwischen Patient und Arzt: Patienten kommen einfach und schnell an medizinische Informationen heran und sind den Ansichten ihres Arztes nicht mehr völlig ausgeliefert.
Bochum, 20.08.2002
Nr. 231
"Vom Sprechzimmer ins Internetcafé"
RUB-Studie zur Online-Gesundheitsberatung
Chancen für die Gesundheit, Herausforderung für Ärzte
Die unzähligen Internetangebote rund um medizinische Themen verändern das Verhältnis zwischen Patient und Arzt: Patienten kommen einfach und schnell an medizinische Informationen heran und sind den Ansichten ihres Arztes nicht mehr völlig ausgeliefert. Sie könnten durchs Netz zu mündigeren Patienten werden. Das ist eine von vielen Erkenntnissen aus der Studie "Vom Sprechzimmer ins Internetcafé", in der Peter Schröder, M.A. (Zentrum für medizinische Ethik der RUB, DFG-Graduiertenkolleg "Kriterien der Gerechtigkeit") die Chancen und Risiken der Gesundheitsportale im Netz erforscht.
Gesundheit ist im Netz populärer als Musik und Sport
75 Prozent der Internetnutzer zwischen 15 und 24 Jahren suchen im Netz u.a. nach Gesundheitsinformationen, so eine repräsentative amerikanische Studie. Medizinische Themen laufen damit Musik (72 Prozent) und Sportergebnissen (46 Prozent) bei dieser Nutzergruppe den Rang ab. Die Angebote reichen von Informationsseiten über Diskussionsforen für Betroffene bestimmter Krankheiten bis hin zur virtuellen Praxis, in der Mediziner Fragen online beantworten. Gesundheitsinfos aus dem Netz sind leichter zugänglich als in Bibliotheken, und sie werden häufig auch unter den Oberbegriffen "Wellness", "Fitness" oder "Beauty" behandelt, wodurch sie ihren medizinischen Charakter verlieren. In dieser Entwicklung liege eine große Chance, so Peter Schröder. "Das Surfen über diese Seiten kann den Nutzer z. B. auf eigene gesundheitliche Risiken aufmerksam machen, ihn dazu motivieren, seinen Lebensstil zu verbessern oder zum Arzt zu gehen."
Auch für Ärzte eine Chance: mündige Patienten
Ein weiterer Vorteil für Patienten: Internetinfos können zwar den Arztbesuch nicht ersetzen, ihn aber angenehmer machen. Denn wer vorinformiert ist, der ist den Ansichten des Arztes nicht ausgeliefert, sondern ein mündiger Gesprächspartner. Das allerdings fordert die Mediziner heraus. Sie kostet es nicht nur mehr Zeit, sich mit gut informierten Patienten auseinander zu setzen, sie müssen auch mit der neuen Situation zurechtkommen, vom Patienten kritisch hinterfragt zu werden. Schröder ist jedoch überzeugt: "Medizinische Informationen aus dem Internet können das Verhältnis zum behandelnden Arzt bereichern." Für Mediziner kann das Internet außerdem ein Marketinginstrument sein. Wer sich mit einer virtuellen Praxis präsentieren oder die eigenen Spezialgebiete herausstellen will, gerät nicht unbedingt mit dem standesrechtlichen Werbeverbot in Konflikt.
Schwarze Schafe erkennen
Problematisch ist laut Peter Schröder die Qualitätskontrolle im Internet. "Eine zukunftsträchtige Möglichkeit, verlässlich anzuzeigen, dass die medizinischen Informationen einer Seite akzeptierten Standards genügen und aktuell sind, sind Gütesiegel." Nur müsste die Öffentlichkeit über solche Siegel erst aufgeklärt werden, damit sich unseriöse Anbieter nicht unbemerkt mit unverdienten Federn schmücken können. Fürs erste gibt Peter Schröder Ratsuchenden in seiner Studie eine Reihe von Ratschlägen, wie sie seriöse Anbieter von schwarzen Schafen unterscheiden können.
Titelaufnahme
Schröder, Peter: Vom Sprechzimmer ins Internetcafé: Medizinische Informationen und ärztliche Beratung im 21. Jahrhundert. (= Medizinethische Materialien, Bd. 137), Bochum 2002, ISBN 3-931993-18-3
Weitere Informationen
Peter Schröder, M.A., Zentrum für medizinische Ethik der Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-22750, Fax: 0234/32-14589, E-Mail: med.ethics@ruhr-uni-bochum.de, Internet: http://www.medizinethik-bochum.de (s.u.)
Weitere Informationen:
http://www.medizinethik-bochum.de