Chronisch Kranke allein gelassen? Familientherapeuten warnen
Droht die Gesundheitsreform die Belastungen chronisch Kranker und ihrer Familien zu verstärken? Dieser Eindruck drängt sich auf, wenn man die jüngsten Beschlüsse der Ärzteschaft anschaut: Die neuen Behandlungsprogramme für chronische Krankheiten (z.B. Diabetes), wie die Krankenhausfallpauschalen (DRG) als auch die Behandlungsleitlinien der Fachgesellschaften erwähnen mit keinem Wort die psychischen, sozialen oder familiären Nöte chronisch kranker Menschen. Statt dessen wird eine längst überwunden geglaubte Körpermedizin propagiert. Die Folgen sind klar: Der sonst so hochgeschätzten Familie werden wieder alle Lasten aufgebürdet.
Dazu passt ein jüngster Beschluss der Bundesärztekammer, welcher der Paar- und Familientherapie wegen angeblicher Unwissenschaftlichkeit eine Absage erteilt. Diese soll künftig in der Ausbildung von Ärzten und Psychologen nicht mehr gelehrt werden. Damit wird ein weltweit geschätztes wirksames Verfahren disqualifiziert. Tröstlich bleibt, dass zumindest die Baden-Württembergische Ärztekammer dieses "Lehrverbot" nicht umsetzen will.
Sechshundert Familientherapeuten, die an diesem Wochenende in Freiburg ihre Jahrestagung hatten, fordern diesen anachronistischen Beschluss zurück zu nehmen. Sie bestehen darauf, dass eine Gesundheitsreform, die ihren Namen verdient, nicht nur den Körper sonders den ganzen Menschen und seine Familie in den Mittelpunkt stellen muss.
Die zweite wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie (DGSF) vom 2. bis 5. Oktober in der Universität Freiburg wurde organisiert vom Freiburger Familientherapeutischen Arbeitskreis zusammen mit der Abteilung für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin am Universitätsklinikum Freiburg.