Training gegen die Legasthenie
MHH-Psychologe untersuchte neuartige Therapie
Schülerinnen und Schüler mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) können ihre Leistungen mit einem speziellen Training deutlich verbessern. Dies zeigt eine Studie an drei Grundschulen in Thüringen. Sie wurde vom Thüringischen Kultusministerium finanziert und von Professor Dr. Uwe Tewes, Direktor der Abteilung Medizinische Psychologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), durchgeführt.
Ein wichtiger Faktor bei dem neuen Verfahren ist die Ordnungsschwelle - also die Zeitspanne, die zwischen zwei Sinnesreizen mindestens verstreichen muss, damit ein Mensch sie getrennt wahrnehmen und in eine zeitliche Reihenfolge bringen kann. Bei Kindern mit einer LRS ist diese Zeitspanne ungewöhnlich lang und scheint ihre Schwierigkeiten zu erklären. Weil sie Reize verlangsamt aufnehmen, gelingt es ihnen nur mit Mühe, Sprache präzise zu erfassen und wiederzugeben. Hier hilft ein spezielles Gerät namens "Brain Boy", mit dem Schülerinnen und Schüler ihre Ordnungsschwellen trainieren und so ihre Reizverarbeitung beschleunigen. Das Gerät gibt über einen Kopfhörer ein akustisches Signal und über kleine Lämpchen ein visuelles Signal ab. Jedes Mal muss durch Knopfdruck bestätigt werden, ob das Signal von rechts oder von links kam. Je häufiger man richtig liegt, desto kürzer werden die Abstände der Signale. So wird die Ordnungsschwelle trainiert.
Insgesamt nahmen 42 Schülerinnen und Schüler an der Studie teil. Die Kontrollgruppe A erhielt einen lerntheoretisch fundierten Förderunterricht. Die Trainingsgruppe B durchlief nur das "Low-Level-Training" mit dem "Brain-Boy". Gruppe C benutzte zusätzlich zum Gerät das synchrone "Lateraltraining". Dabei hört das Kind eine Modellstimme im Kopfhörer und liest zeitgleich über das Mikrofon. Die Ergebnisse auf der Lese-Rechtschreib-Ebene:
- Gruppe A verbesserte sich mit dem herkömmlichen Unterricht nur um 6,3 Prozent;
- Gruppe B allein mit dem "Low-Level-Training" um 18,9 Prozent;
- die Gruppe C mit dem zusätzlichen Lateraltraining gar um 42,6 Prozent.
Das Training verbessert damit die Leistungen in der zentralen Verarbeitung und bewirkt zudem einen bedeutsamen Transfer auf die Rechtschreibleistungen. Möglicherweise wirken sich diese Ergebnisse auf den schulischen Förderunterricht aus und auf die Legasthenie-Vorbeugung.
Weitere Informationen gibt gern Professor Dr. Uwe Tewes, Telefon: (0511) 532-6679, E-Mail: Tewes.Uwe@mh-hannover.de.