Musiker brauchen bessere Gesundheitsfürsorge
9. Europäischer Kongress für Musikermedizin tagt in Freiburg
In Deutschland sind derzeit über 40.000 Musiker in professionellen Strukturen der so genannten klassischen Musik aktiv. Ferner gibt es 21 Musikhochschulen mit zusammen mehr als 20.000 Studierenden, die professionelle Musiker künstlerisch und pädagogisch ausbilden. Weiterhin zählt man über 1000 Musikschulen und zahlreiche Amateurmusikvereinigungen. Insgesamt spielen oder singen in Deutschland rund 8 Millionen Menschen in einer musikalischen Formation, davon 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche. Dieser hohe Aktivitätsgrad ist nur vergleichbar mit dem Gebiet des Leistungs- und Breitensports.
Allerdings existiert hier ein gravierender Unterschied: Die sportmedizinische Betreuung von Aktiven und Amateuren ist um Welten besser als für Musiker. Im Mittelpunkt des 9. Europäischen Kongresses für Musikermedizin, der von Freitag, den 4. April, bis Sonntag, 6. April 2003, in der Musikhochschule Freiburg, stattfindet und von der Deutschen Gesellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin (DGfMM) in Kooperation mit dem Universitätsklinikum und der Musikhochschule Freiburg veranstaltet wird, steht daher die adäquate Gesundheitsförderung von Musikern. Die wissenschaftlichen Leiter sind Dr. Claudia Spahn, Abt. für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin am Universitätsklinikum Freiburg und Privatdozent Dr. Bernhard Richter, Sektion Phoniatrie und Pädaudiologie der Universitäts-HNO-Klinik.
Unter dem Motto "Prävention - Berufsspezifische Gesundheitsförderung für Musiker" bietet der Kongress ein vielfältiges Programm, in dem Musiker, Ärzte, Therapeuten und hier jeweils Praktiker und Wissenschaftler gleichermaßen zu Wort kommen. Besonders hervorgehoben sei die diesjährige eigene thematische Sektion für gesangs- und stimmspezifische Themen. Ein umfangreiches Workshopangebot und praxisnahe Vorträge und Poster verweisen auf den Schwerpunkt in praxisbezogenen Erfahrungsmöglichkeiten. Außerdem wird es Masterclasses und Diskussionsrunden mit den Instrumentalprofessoren der Musikhochschule Freiburg geben. Die Landesärztekammer Baden-Württemberg zertifiziert den Kongress als Fortbildungsveranstaltung mit immerhin18 Fortbildungspunkten.
Bereits in den 80iger Jahren hatten epidemiologische Untersuchungen bei Orchestermusikern gezeigt, dass die Tätigkeit eines Berufsmusikers erhebliche körperliche und psychische Belastungen mit sich bringt. Neuere Untersuchungen bestätigen dies auch für Instrumentalpädagogen. Es besteht Handlungsbedarf, denn immerhin müssen jährlich etwa 13 Prozent der aktiven Orchestermusiker wegen Berufsunfähigkeit vorzeitig ihren Job aufgeben. In 8 Prozent der Fälle von Berufsunfähigkeit bestand sogar Frühinvalidität. Untersuchungen einer Arbeitsgruppe an der Musikhochschule Freiburg zeigten, dass auch schon Musikstudierende in hohem Maße, d.h. bis zu 60 Prozent, spielbedingte Gesundheitsstörungen angeben.
Musiker brauchen folglich eine spezifische medizinische Betreuung, welche im besten Fall präventiv erfolgen sollte. Hierin eingeschlossen sind Maßnahmen zur berufsspezifischen Gesundheitsförderung, zum angemessenen Umgang mit gesundheitlichen Problemen im Sinne der sekundären Prävention bis hin zur Diagnostik und Therapie musikertypischer Erkrankungen mit dem Ziel, Chronifizierungen zu vermeiden. Hierbei sollte der individuelle berufliche und psychosoziale Kontext jeweils besonders berücksichtigt werden. Mit diesem Ziel entwickelte sich in Deutschland das Fachgebiet der Musikermedizin innerhalb der letzten zehn Jahre. Die Entwicklung des Faches und die Betreuung von Musikern ist bisher allerdings nicht wie in der Sportmedizin im medizinischen Hochschulbereich institutionalisiert. Hier besteht noch dringender Handlungsbedarf, um die wissenschaftliche Entwicklung des Faches Musiker- und Sängermedizin strukturell zu verankern und zu fördern.
Da an den Musikhochschulen die Notwendigkeit erkannt wurde, bereits in der Hochschulausbildung über typische Risikofaktoren aufzuklären, hielt das Fach Musikermedizin in den letzten Jahren zunehmend Einzug in die Studienpläne der Musikhochschulen. Seit 1999 wurde das Fach an der Musikhochschule Freiburg als Pflichtfach in die Studienordnung aufgenommen und zwar im Sinne eines präventiven Lehrangebotes.
Kontakt:
Dr. Claudia Spahn
Abt. für Psychosomatik und
Psychotherapeutische Medizin
Universitätsklinik Freiburg
Hauptstraße 8
79102 Freiburg
Tel. 0761-270-6806
Email Claudia.Spahn@klinikum.uni-freiburg.de
PD Dr. Bernhard Richter
Sektion Phoniatrie und Pädaudiologie
Der Universitäts-HNO-Klinik
Lehenerstraße 88
79106 Freiburg
Tel. 270-7099
Email richter@hno1.ukl.uni-freiburg.de
Informationen zum Kongress:
www.dgfmm.org