Tourismus ohne Barrieren für alle
Behinderte Menschen reisen weniger als nichtbehinderte Menschen. Fast 40 Prozent der behinderten Menschen in Deutschland haben schon einmal auf eine Reise verzichtet, weil es für sie keine entsprechenden "barrierefreien" Reiseangebote gab. Diese ersten Zwischenergebnisse eines Forschungsprojekts "Ökonomische Impulse eines barrierefreien Tourismus für alle" im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit wurden von den Instituten für Geographie und für Verkehrswissenschaft der Universität Münster gemeinsam mit den Beratungsunternehmen Neumann Consult und Reppel+Lorenz nach einer Sitzung bei der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) in Frankfurt/Main vorgestellt.
Zu Beginn der Untersuchung, deren erste Projektphase jetzt erfolgreich abgeschlossen wurde, waren deutschlandweit 20.000 behinderte Personen angeschrieben worden. An sie richtete sich die Bitte, an einer Befragung zum Forschungsvorhaben teilzunehmen. "Die Reaktionen darauf waren überwältigend", so Projektleiter Dr. Peter Neumann (Münster). "Wir haben weit über 4.000 Fragebögen zurück geschickt bekommen. Dazu erhielten wir noch wertvolle ergänzende Hinweise und Kommentare zum Thema barrierefreies Reisen."
"Die ersten bereits ausgewerteten Daten lassen hochinteressante Ergebnisse erwarten, die auch für die Marketingarbeit der Deutschen Zentrale für Tourismus wichtig sind", so Horst Lommatzsch von der DZT. Die Reiseintensität behinderter Menschen liegt deutlich unter der nichtbehinderter Menschen. Das lässt auf ein noch unausgeschöpftes Kundenpotenzial im Tourismussektor schließen, das durch eine gezielte Produktentwicklung und Marketingmaßnahmen angesprochen werden kann. So würden etwa die Hälfte aller befragten Menschen mit Behinderungen häufiger verreisen, wenn es mehr barrierefreie Angebote für sie geben würde. Von diesen wären über 60 Prozent bereit, für diese zusätzlichen Angebote auch ein entsprechendes Entgelt zu zahlen.
"Diese Ergebnisse belegen die These, dass durch die Schaffung besserer Mobilitätsvoraussetzungen für Menschen mit Behinderungen eine zusätzliche Nachfrage im Tourismus
entsteht", erläuterte Dr. Rüdiger Leidner vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit. Diese Nachfragesteigerung beschränke sich nicht nur auf das Hotel- und Gaststättengewerbe, sondern strahle auch in andere Bereiche der Wirtschaft wie die Bauwirtschaft, die Hilfsmitteltechnik und den Dienstleistungssektor aus. Neben den behinderten Reisenden profitieren von den Maßnahmen zur Herstellung von mehr Barrierefreiheit in einer Reiseregion auch die behinderten Bürgerinnen und Bürger in der Region. Barrierefreier Tourismus führt dementsprechend zur einer Steigerung der Lebensqualität aller Menschen mit Behinderungen.
Derzeit erfolgt die detaillierte Auswertung der bislang erhobenen Daten. In den folgenden Wochen stehen weitere Befragungen von Touristen und touristischen Leistungsträgern in ausgewählten deutschen Reisegebieten an. Die Endergebnisse der Studie sollen im Herbst 2003 vorliegen.
Weitere Informationen:
http://www.tourismus-fuer-alle.de
http://www.uni-muenster.de/geographie