Frühjahrstagung der Europäischen Akademie GmbH, Bad Neuenahr:Bioethische Probleme der Globalisierung
Zum Thema "Bioethics in a Small World" veranstaltete die Europäische Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen GmbH vom 10.-12. April in Bad Neuenahr ihre jährliche Frühjahrstagung. Im Mittelpunkt der Tagung standen bioethische Probleme der Globalisierung; dabei wurden sowohl methodologische Fragen als auch praktische Probleme erörtert.
Den Auftakt der wissenschaftlichen Tagung bildete das Thema "Bioethik als Wissenschaft und ihre Anwendung in der Politik" sowie eine Debatte über die Schwierigkeiten der bioethischen Politikberatung. Nach Ansicht von Udo Schüklenk, Johannesburg, wird die bioethische Forschung zunehmend durch Interessengruppen, wie z.B. die Pharmaindustrie, behindert. Bioethische Forschung sei zunehmend nur über die Finanzierung durch ebenjene Interessengruppen möglich, so dass ihr Einfluss auf Richtung und Ergebnisse der Forschung stetig wachse. Schüklenks Verdacht der strukturell bedingten Korruptionsanfälligkeit bioethischer Forschung wurde von vielen Diskussionsteilnehmern, u.a. auch durch den Vortrag von Edgar Morscher, Salzburg, vehement bestritten.
Bezüglich der Frage, ob bioethische Grundprinzipen (wie das Prinzip des "informed consent") kulturinvariante Geltung beanspruchen könnten, äußerte sich der Berliner Kulturphilosoph Oswald Schwemmer skeptisch, weil die Geltung moralischer Überzeugungen nur auf dem Hintergrund einer gemeinsamen historischen Erfahrung möglich sei. In der Diskussion wurde dagegen kritisch eingewandt, daß die Forderung einer gemeinsamen historischen Erfahrung zu streng sei, weil dann auch die universelle Geltung von Menschenrechten nicht mehr reklamiert werden könne. Von Vertretern der Entwicklungsländer wurde vor allem auf der universellen Gültigkeit der Menschenrechte bestanden, andererseits aber auch auf das Recht kultureller Identität in der Beurteilung medizinischer Handlungsoptionen hingewiesen. Die Diskussion zeigte, dass in der Frage der kulturübergreifenden Gültigkeit von Grundregeln der Bioethik und damit z.B. der Möglichkeit globaler Konventionen noch erheblicher Klärungsbedarf besteht.
Professor Carmel Shalev, Tel Aviv, Dr. Georg Marckmann, Tübingen, Nathan Ford, London, Dr. Richard Ashcroft, London, diskutierten zum Thema "Bereitstellung von Medikamenten in den Entwicklungsländern". Zum einen sind Medikamente, die unter Patentschutz stehen, oftmals für die in diesen Ländern lebenden Menschen nicht erschwinglich. Als Beispiele dafür wurden Medikamente zur Behandlung von AIDS und neu entwickelte Antibiotika genannt. Zum anderen gibt es Krankheiten, unter denen vorwiegend diese Menschen leiden, so dass eine hinreichend zahlungskräftige Nachfrage fehlt, um die Kosten der Entwicklung eines Medikamentes zu decken. In diesem Fall werden Medikamente gar nicht entwickelt. Neben der Problematik, diese Medikamente zu akzeptablen Preisen zur Verfügung zu stellen bzw. überhaupt erst zu entwickeln, kam vor allem zur Sprache, welche Akteure (Staaten, Pharmaunternehmen) in der Verantwortung stehen, diese Mängel zu beheben.
Weitere Referenten der Tagung waren: Godfrey B. Tangwa, Yaounde, Professor Joseph Straus, München, Dr. Bronwyn Parry, Cambridge, Professor Michiel Korthals, Wageningen, Professor Abdallah Daar, Toronto.
Die Ergebnisse der Tagung werden in den kommenden Monaten in der Reihe "Wissenschaftsethik und Technikfolgenbeurteilung", die von der Europäischen Akademie im Springer Verlag herausgegeben wird, veröffentlicht.
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