Ritus und Symbol - Sächsische Innungsladen aus fünf Jahrhunderten
Ausstellung jetzt in Zwickau
Gestaltung vom Fachbereich Angewandte Kunst Schneeberg der
Westsächsischen Hochschule Zwickau
Gemeinsame Ausstellung des Stadtmuseums Dresden, des
Stadt- und Bergbaumuseums Freiberg, der Städtischen Museen Zwickau
und des Vogtlandmuseums Plauen - Frühjahr 2002 bis Frühjahr 2003
Am Freitag, dem 9. Mai, wird das neue Museum in den restaurierten Priesterhäusern der Stadt Zwickau eröffnet. Neben dem aufwändig sanierten und mit modernem Ausstellungstrakt versehenen historischen Gebäude wird die neue stadtgeschichtliche Sammlung zu bewundern sein. Außerdem wird die große Sonderausstellung "Ritus und Symbol" eröffnet, die bereits in den sächsischen Städten Dresden, Freiberg und Plauen zu Gast war und eigentlich ihren Ursprung in Zwickau nahm. In Dresden sahen 23.000 Besucher diese Exposition.
Die Ausstellungskonzeption wurde von Professor Jochen Voigt, Designer und Restaurator vom Fachbereich Angewandte Kunst Schneeberg der Westsächsischen Hochschule Zwickau, erarbeitet und gestaltet. Seine bereits ein Jahrzehnt lang andauernde systematische Erfassung und Erforschung der museal aufbewahrten Innungsmöbel in Sachsen bildet die Basis des gesamten Projektes. Von Jochen Voigt stammt das Begleitbuch zur Ausstellung, in dem die Design- und Kulturgeschichte der Innungslade und ihre Bedeutung für das Innungswesen Sachsens nachvollziehbar wird. Es ist die erste Publikation, die in Deutschland zu diesem Thema erscheint.
In den Holzwerkstätten des Fachbereichs Angewandte Kunst Schneeberg der Westsächsischen Hochschule Zwickau entstand nach Entwürfen Voigts die aufwändige Ausstellungsarchitektur. Einmal mehr erweist sich damit die Hochschule auch als kultureller Impulsgeber für die Stadt und die Region.
Seit Formierung der Innungen im Mittelalter wurden prachtvoll gearbeitete Schreine der verschiedenen Handwerkskorporationen als zentrale Kultgegenstände des zünftigen Lebens wie Heiligtümer verehrt. Wichtige, ja unentbehrliche Dinge hat man im Inneren der mit komplizierten Schlössern gesicherten Kästen verwahrt: die Innungsprivilegien, das Meisterbuch, das Innungssiegel und die Kasse. Besondere Bedeutung erhielt die Innungslade als Mittelpunkt der sogenannten "Hohen Morgensprache", einer Art Hauptversammlung aller Zunftmitglieder, die viermal im Jahr stattfand.
In den Laden manifestierten sich Reichtum und Stolz des alten Handwerks. Unter kunstvollen Möbeln der Vergangenheit nehmen die Innungsladen eine besondere Stellung ein, da sie in den meisten Fällen lokale und darüber hinaus auch temporäre Zuordnungen erlauben. Es ist deshalb wenig
verständlich, dass gerade diesen wichtigen Dokumenten früherer Möbelkunst und Zunftherrlichkeit bislang ein nur geringes Interesse seitens der Forschung entgegen gebracht wurde.
Einer pionierhaften Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit von Zunftmöbeln, die viele "Altertumsvereine" in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts an den Tag legten, wichen Stagnation und Desinteresse in den beiden Diktaturen des 20. Jahrhunderts. Dazwischen lag der verheerende Zweite Weltkrieg, der Zerstörung, Plünderung und Auslagerung von Museumsbeständen mit sich brachte.
Während andere Sachzeugen des einstigen Innungswesens, etwa aus den Bereichen der Goldschmiedekunst und der Zinngießerei, nicht zuletzt auf Grund der verwendeten kostbaren Materialien eine angemessene Wertschätzung erfuhren und darüber hinaus Gegenstand verschiedener kunst- und kulturhistorischer Abhandlungen wurden, hat man den aus Holz gefertigten
Laden in der Kulturlandschaft Sachsen kaum Aufmerksamkeit entgegen gebracht.
Das Ausstellungsprojekt "Ritus und Symbol Sächsische Innungsladen aus fünf Jahrhunderten" beschreitet in vielerlei Hinsicht neue Wege: Erstmals finden sich mehrere sächsische Stadtgeschichtsmuseen zusammen und stellen ihre Innungsmöbel in einer gemeinsamen Ausstellung vor, die in Zwickau, Freiberg, Plauen und Dresden zu sehen sind. Erstmals entstand eine gemeinsam herausgegebene Publikation, in der vier Bestandskataloge vereint sind. Dies ist ein Novum für Deutschland.
gez. Dr. Solondz