Novelle der Handwerksordnung ist ein notwendiger Schritt
Die Neufassung der Handwerksordnung und der geplante Wegfall des "Meisterzwangs" für viele Handwerksbereiche waren in den vergangenen Monaten Inhalt vieler kontroverser Diskussionen. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) befürwortet eine Novelle, weil sie nicht mehr zeitgemäße Strukturen aufbricht und für mehr Wettbewerb sorgt.
Eine Novelle der Handwerksordnung und die damit verbundene Lockerung des Meisterzwangs ist grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung. Diese Ansicht hat das RWI heute in einer öffentlichen Sachverständigenanhörung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Wirtschaft zur Änderung der Handwerksordnung vertreten. "Die Argumente für den obligatorischen großen Befähigungsnachweis sind nicht stark genug, um seine Aufrechterhaltung in der bisherigen Form zu rechtfertigen", heißt es in der Stellungnahme. Die Handwerksordnung in ihrer überkommenen Form halte mit der Dynamik der Märkte nicht Schritt und behindere auf längere Sicht auch mit Blick auf den europäischen Integrationsprozess eher die Partizipation der Handwerksunternehmen am volkswirtschaftlichen Innovationsprozess, als dass sie diese fördert.
Beschäftigung und Preise werden sich voraussichtlich nicht wesentlich verändern
Die Beschäftigungswirkungen der Novelle werden jedoch wegen enger Expansionsspielräume eher skeptisch beurteilt. Zwar wird die Anzahl der Gründungen voraussichtlich zunehmen, gleichzeitig aber auch die der Schließungen. Die mittlere Überlebensdauer der Neugründungen wird voraussichtlich sinken. "Es kann aber nicht Aufgabe des Staates sein, für ein möglichst langes Überleben der in den Markt eintretenden Unternehmen zu sorgen, sondern nur, den Kräften des Wettbewerbs zum Durchbruch zu verhelfen" so die Stellungnahme. Bezüglich der Preise ist eine stärkere Differenzierung für handwerkliche Leistungen wahrscheinlich, generell niedrigere Handwerkspreise sind kaum zu erwarten.
Das Kriterium der Gefahrengeneigtheit bietet nach Einschätzung des RWI einen geeigneten Maßstab zur Neufassung der Anlage A der Handwerksordnung. Gleichzeitig sollte es durch ein Ausbildungskriterium ergänzt werden. Dieses könnte dafür sorgen, dass die Zahl der Ausbildungsplätze trotz voraussichtlich sinkender durchschnittlicher Betriebsgrößen erhalten bleibt.
Wenn der Meistertitel Wettbewerbsvorteile bietet, bleibt er attraktiv
Zwar rechnet das RWI damit, dass der Meisterbrief in den Handwerkszweigen, die zukünftig nicht mehr dem obligatorischen großen Befähigungsnachweis unterliegen, nur noch von einer Minderheit der Gesellen nachgefragt wird. Es liegt jedoch in der Hauptverantwortung von Kammern und Verbänden, den Titel attraktiv zu gestalten. Auch Gesetzgeber und Exekutive könnten hierzu beitragen (z.B. durch staatlichen Schutz des Titels, Förderung des Erwerbs, Gleichstellung mit höheren Bildungstiteln, Erteilung der Hochschulzugangsberechtigung für Inhaber des Meistertitels). Entscheidend ist, ob der freiwillig erworbene Meistertitel seinem Inhaber Wettbewerbsvorteile im Marktgeschehen vermittelt.
Ihre Ansprechpartner dazu:
Wolfgang Dürig, Tel.: (0201) 8149-271
Sabine Weiler (Pressestelle), Tel.: (0201) 81 49-213
Die gesamte Stellungnahme des RWI kann unter sabine.weiler@rwi-essen.de per mail angefordert werden. Sie steht zudem unter www.rwi-essen.de zum Download bereit.
Weitere Informationen:
http://www.rwi-essen.de