Wie aktuell ist Adornos Denken heute?
Internationale Theodor W. Adorno Konferenz zum 100.
Geburtstag des Frankfurter Philosophen
FRANKFURT. Der 100. Geburtstag Theodor W. Adornos
bestimmt die Tagesordnung des kulturellen und akademischen
Geschehens in Frankfurt in diesem Monat. Besonderer
Höhepunkt ist die Internationale Theodor W. Adorno Konferenz,
die vom 25. bis 30. September vom Institut für Sozialforschung
und dem Musikwissenschaftlichen Institut der Johann Wolfgang
Goethe-Universität veranstaltet wird. Zu dieser Konferenz, die
im Hörsaalgebäude, Campus Bockenheim, Mertonstraße 17,
und dem Holzhausenschlösschen Frankfurt, Justinianstraße 5,
stattfindet, erwarten die Organisatoren etwa 300 bis 350
Teilnehmer. Angesprochen werden soll insbesondere mit der
Auftakt- und den Abendveranstaltungen auch die interessierte
Frankfurter Öffentlichkeit.
Adorno, der als Direktor des Instituts für Sozialforschung und
als Professor für Sozialphilosophie an der Johann Wolfgang
Goethe-Universität lehrte, war einer der wirkungsmächtigsten
Philosophen und Theoretiker der Gesellschaft des 20.
Jahrhundert. Seine Schriften sind weltweit verbreitet und haben
unzählige Wissenschaftler aus den verschiedensten Disziplinen
anhaltend inspiriert. Andererseits ist zu beobachten, dass
Adornos Schriften vornehmlich in den theoretischen Zirkeln
debattiert werden, die von Bedeutung dieser Schriften ohnehin
überzeugt sind, und dass innerhalb der neueren Forschungs-
literatur der Name Adorno eher selten zu finden ist. Wie aktuell
sind Kritische Theorie und Adornos Denken heute?
Die Internationale Adorno Konferenz, die aus zwei Teilen
besteht, soll im ersten Teil unter dem Titel "Dialektik der
Freiheit" vom 25. bis 27. September dieser Tendenz
entgegenwirken und zur Reaktualisierung Adornos beitragen,
wie Prof. Axel Honneth, Initiator dieser wissenschaftlichen
Veranstaltung und Direktor des Instituts für Sozialforschung,
betont. Im Vordergrund der breitgefächerten Vorträge und
Diskussionen wird der Versuch stehen, den kritischen Gehalt
seiner Schriften für die aktuellen Diskussionen in der
Philosophie, Soziologie und Ästhetik fruchtbar zu machen.
Zum Auftakt am Donnerstag (25. September) - nach der
offiziellen Eröffnung um 16 Uhr - wird um 17 Uhr der
Frankfurter Sozialphilosoph Prof. Jürgen Habermas
Überlegungen zum Verhältnis von Freiheit und Unverfügbarkeit
vortragen - unter dem Thema "'Ich selber bin ja ein Stück
Natur' - Adorno über die Naturverflochtenheit der Vernunft". Am
Abend um 20 Uhr folgt ein Vortrag von Prof. Jan-Philipp
Reemtsma über "Adorno und die Literatur". Am zweiten Abend
der Konferenz wird zudem in Kooperation mit dem Hessischen
Rundfunk eine Sonderveranstaltung stattfinden, auf der unter
Einbeziehung von Originaldokumenten aus Rundfunk und
Fernsehen über "Adorno und die Medien" diskutiert wird. Auf
dem Podium sitzen Norbert Bolz, Daniel Cohn-Bendit, Axel
Honneth, Gertrud Koch, Oskar Negt und Alice Schwarzer.
Fünf Plenarveranstaltungen, die jeweils von zwei Vortragenden
bestritten werden, widmen sich Themen, die heute als
bleibendes Erbe von Adornos philosophischen, soziologischen
und ästhetischen Schriften gelten können: Auf die Frage hin,
inwiefern seine Einsichten heute in die aktuelle Forschung
einfließen können, sollen Beiträge zur Moralphilosophie,
Ästhetik, Erkenntnistheorie, Moralpsychologie, Phänomenologie
der Alltagskultur und zur Gesellschaftstheorie diskutiert werden.
Diesem ersten Teil der Internationalen Theodor W. Adorno
Konferenz 2003 schließt sich vom 28. September (Sonntag) bis
30. September (Dienstag) ein zweiter Teil im Frankfurter
Holzhausenschlösschen, Justinianstr. 5, unter dem Thema
"Musikalische Analyse und Kritische Theorie" an. Er ist
speziell dem Musiktheoretiker und -ästhetiker Adorno
gewidmet, in dessen Werk die Musik eine besonders wichtige
Rolle spielt. Die Konferenz wird vom Musikwissenschaftlichen
Institut unter der Leitung von Prof. Adolf Nowak und Dr. Markus
Fahlbusch ausgerichtet, wo Adorno zu Beginn der 1920er Jahre
studierte. Ziel der Konferenz ist eine kritische
Auseinandersetzung mit den musikästhetischen Konzeptionen
Adornos und der Versuch, ihr Anregungspotential aufzugreifen
und fortzuführen. Teilnehmer aus England, der Schweiz,
Österreich, Italien, Russland und Deutschland dokumentieren
die Diskussion, die international um das musikphilosophische
Werk Adornos geführt wird.
Das Rahmenprogramm, das in Zusammenarbeit mit der Stadt
Frankfurt entstanden ist, stellt den Komponisten Adorno, der bei
Bernhard Sekles in Frankfurt und bei Alban Berg in Wien
Komposition studierte, in drei Konzerten vor. Zum Vortrag
kommen eine Auswahl seiner Lieder, seines Klavierschaffens
sowie Werke von Komponisten, denen Adorno kompositorisch
nahe stand. Die drei Konzerte finden alle jeweils um 20 Uhr im
Frankfurter Goethe-Museum, Großer Hirschgraben 23-25, statt:
am 26. September (Freitag) "Adorno und seine Vorbilder", am
28. September (Sonntag) "Der Liederkomponist
Adorno" und am 29. September (Montag) "Der Komponist
Adorno: Klaviermusik".
Auch eine philosophische, literarische, musikalische Matinée,
die der Suhrkamp Verlag als "Hausverlag" Adornos am 28.
September (Sonntag) unter dem Titel "Lieber Herr Adorno" im
Bockenheimer Depot, Schauspiel Frankfurt, veranstaltet, gehört
zu dem umfassenden Programm dieser Internationalen Adorno
Konferenz.
Pünktlich zu Adornos 100. Geburtstag am 11. September ist
auch die neue Ausgabe des Wissenschaftsmagazins
"Forschung Frankfurt" erschienen, das sich ebenfalls in
verschiedenen Beiträgen mit Adorno auseinandersetzt: Prof.
Axel Honneth, Kapriolen der Wirkungsgeschichte - Tendenzen
einer Reaktualisierung Adornos; Dr. Markus Fahlbusch, Adorno
und die Musik - In der Brüchigkeit erscheint das Bild von
Versöhnung; Reinhard Pabst, Ein Sohn aus gutem Hause -
Adornos Kindheit in Frankfurt; Dr. Michael Maaser, Eine Brücke
über die Senckenberganlage - Adorno und die Universität
Frankfurt; Dr. Gabriele Ewenz, Vergangenes wird Gegenwart -
Blick in die Arbeit des Theodor W. Adorno Archivs in Frankfurt
am Main.
Nähere Informationen zur Internationalen Adorno Konferenz
(25. bis 27. September): Dr. Sandra Beaufaÿs, Institut für
Sozialforschung, Telefon 069/756183-16, E-Mail: beaufays@em.uni-frankfurt.de
Nähere Informationen zur musikwissenschaftlichen Tagung
(28. bis 30. September): Dr. Markus Fahlbusch, Telefon 069/798-23525, E-Mail: fahlbusch@kunst.uni-frankfurt.de
Weitere Informationen:
http://www.ifs.uni-frankfurt.de/veranstaltungen/2003/adorno.htm
http://www.uni-frankfurt.de/fb09/muwi/