Hochschule Bayern im Dialog mit Wissenschaftsministerin Kiechle
„Es ist Zeit, verstärkt in die Hochschulen zu investieren, die Bayerns Zukunft sichern“, forderte Prof. Dr. Uta M. Feser, Präsidentin der Hochschule Neu-Ulm und Vorsitzende von Hochschule Bayern gegenüber Wissenschaftsministerin Prof. Dr. Marion Kiechle. Diese tauschte sich am 23. Juli 2018 mit den Präsidentinnen und Präsidenten der bayerischen Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAWs) an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf aus.
Die Hochschulvertreter nutzten die Gelegenheit Wissenschaftsministerin Kiechle die herausragende Rolle der Hochschulen in der praxisorientierten akademischen Qualifizierung, in der angewandten Forschung sowie im Transfer zu verdeutlichen und auf die Defizite in der Finanzierung hinzuweisen.
Umfangreiche Aufgaben in Lehre, Forschung und Transfer
Die Vorsitzende des Hochschulverbandes, Prof. Dr. Feser, unterstrich in ihren Ausführungen gegenüber der Wissenschaftsministerin die ausgeprägte Praxisnähe des Hochschultyps HAW. Dabei gelten die HAWs als Sprungbrett insbesondere in mittelständische Unternehmen der Regionen. Staatsministerin Prof. Dr. Kiechle zeigte sich dabei über die hohe Verbleibquote der Absolventen in der Region sowie den reibungslosen Einstieg von HAW-Absolventen in den Arbeitsmarkt erfreut. In ihrer Kernaufgabe, der grundständigen Lehre, so berichtete Prof. Dr. Feser weiter, haben die Hochschulen mit der Steigerung ihrer Studierendenzahl auf rund 120.000 ihre Ausbauziele klar übererfüllt. Derzeit studieren an den bayerischen HAWs ein Viertel mehr Studierende als geplant, was erwartungsgemäß zu einem konstanten Anstieg der Arbeitszeitkonten der Lehrenden führt.
Prof. Dr. Walter Schober, Präsident der Technischen Hochschule Ingolstadt und Vorsitzender von Hochschule Bayern, hob in seinen Ausführungen die Bedeutung der Hochschulen im Bereich der angewandten Forschung für die bayerische Wirtschaft hervor. An den HAWs wird Wissenschaft auch in Richtung von Produktinnovationen nutzbar gemacht. Dafür werden grundfinanzierte Forschungskapazitäten benötigt. Der Aufwuchs der Forschungsprofessuren von bisher 47 auf 250 sollte in den nächsten vier Jahren umgesetzt werden. Ein analoger Aufwuchs ist bei den wissenschaftlichen Mitarbeitern erforderlich. Nur so kann mit anderen Bundesländern gleichgezogen werden. Staatsministerin Prof. Dr. Kiechle stellte fest, dass es sich hier nicht nur um eine Erhöhung der Ausgaben handele. Vielmehr werde durch die Investitionen in Forschung und Entwicklung an HAWs zusätzliche Wertschöpfung ermöglicht.
Hinsichtlich des Wissens- und Technologietransfers als drittem Tätigkeitsbereich der Hochschulen zeigte Prof. Dr. Michael Braun, Präsident der Technischen Hochschule Nürnberg, auf, wie vielfältig sich die Wechselwirkung mit außerhochschulischen Partnern gestaltet: verpflichtende Praxissemester, Abschlussarbeiten in Unternehmen, Lehrbeauftragte aus der Berufspraxis, Professorinnen und Professoren mit Doppelkarriere innerhalb und außerhalb des Hochschulbereichs, gemeinsame Projekte mit Wirtschaftspartnern, Community Outreach- und Service Learning-Programme für Studierende, das duale Studium, Weiterbildung für Berufspraktiker, ausgeprägte Personalmobilität zwischen Hochschule, Wirtschaft und Gesellschaft u.v.m. Mit all diesen Maßnahmen („Jeder ist ein Kooperationspartner“) setzen sich die Hochschulen in die Mitte der Gesellschaft und des Transfergeschehens. Ihre Bedeutung für die Entwicklung von Metropolen und Regionen in Bayern ist dadurch entsprechend hoch. Auch im Transfer kann also eine Hochschule „exzellent“ sein, jedoch gab es in der Vergangenheit keine Messgrößen, die einen systematischen Vergleich ähnlich den traditionellen Rankings (wie z.B. QS, THE, Shanghai) auch für den Bereich des Transfers zuließen. Daran hat das seit 2014 eingeführte und mit über 1.600 beteiligten Hochschulen und Universitäten mittlerweile weltweit größte Ranking, das „U-Multirank“-Verfahren, etwas geändert, das nun auch Leistungen im Transfer („Regional Impact“, „Income from Regional Sources“, „Co-Publications with Industrial Partners“ etc.) berücksichtigt. In den letzten beiden Jahren haben die Technische Hochschule Nürnberg und die Hochschule München Spitzenplatzierungen unter den 10 besten Hochschulen der Welt im sog. „Applied Knowledge Partnership Ranking“ erreichen können. Auch die vielen erfolgreichen Anträge bayerischer Hochschulen im bundesweiten Wettbewerb „Innovative Hochschule“ bestätigen wie gut die bayerischen Hochschulen für angewandte Wissenschaften in diesem Bereich aufgestellt sind.
Staatsministerin Kiechle äußerte ihre Anerkennung für die herausragenden Platzierungen. Es sei ungeachtet dieser Erfolge nicht verständlich, „dass die Hälfte der Studierenden weiblich ist, aber bayernweit der Anteil der Frauen bei den Professoren bei weniger als 20 % liegt“ stellte Wissenschaftsministerin Kiechle im Gespräch mit den Präsidentinnen und Präsidenten heraus und erkundigte sich nach möglichen Ursachen. Es müssen dringend Anreize geschaffen werden, um Frauen für Führungspositionen zu gewinnen“, so Wissenschaftsministerin Kiechle weiter. In diesem Zusammenhang brachte die Staatsministerin auch das Thema Akademisierung der Pflege zur Sprache.
Ausgleich des Defizits in der Grundfinanzierung gefordert
Insbesondere in Gegenüberstellung mit vergleichbaren Bundesländern wie Baden-Württemberg konnte in den Ausführungen der Präsidentinnen und Präsidenten deutlich gemacht werden, dass die bayerischen HAWs unter teilweise herausfordernden Bedingungen ihren umfangreichen Aufgaben in Lehre, Forschung und Transfer gerecht werden müssen. Beispielsweise liegen die bayerischen HAWs hinsichtlich der Personalrelation zwischen wissenschaftlichem Personal und Professoren deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Daher wiederholten die Präsidentinnen und Präsidenten gegenüber der Wissenschaftsministerin ihre Forderungen nach dauerhaft zusätzlichen grundfinanzierten Mitteln. Mit Blick auf die zu erwartenden positiven volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Effekte zahlen sich Investitionen in die Hochschulen auch aus. Der geforderte Ausgleich des Defizits in der Grundfinanzierung von 200 Mio. € würde die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen HAWs im bundesweiten Vergleich signifikant verbessern und wesentlich dazu beitragen, dass die Hochschulen ihre erfolgreiche Entwicklung auch mit Blick auf die Zukunft nachhaltig fortsetzen können. „Wir müssen die Weichen heute richtig stellen, um auch morgen weiter erfolgreich zu sein“, stellte Prof. Dr. Feser abschließend fest.
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