Wenn sich im Nudeltopf Ionenkräfte entfalten
Die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen hat ihren diesjährigen Akademiepreis für Chemie dem Privatdozenten Dr. Otto Dopfer von der Uni Würzburg verliehen. Der 38-Jährige ist am Institut für Physikalische Chemie tätig.
Dopfers Forschungsgebiet dürfte den meisten Menschen auf den ersten Blick recht fremd sein: Es geht um die Wechselwirkungen zwischen Ionen und anderen Molekülen. Wer allerdings schon einmal Salz in kochendes Nudelwasser geschüttet oder am Himmel die Kondensstreifen der Flugzeuge betrachtet hat, war den Interessen des Würzburger Physikers schon sehr nahe.
Beispiel Flugzeug: Bei der Verbrennung von Kerosin entsteht heißer Wasserdampf, der sich an Kondensationskeimen, zum Beispiel an den in der Atmosphäre vorhandenen Ionen, niederschlägt - vom Boden aus gesehen bilden sich Kondensstreifen. Ähnliches passiert im Nudeltopf. Auch dort lösen sich die Salzkristalle nur auf, weil ihre Bestandteile - Natrium- und Chlorid-Ionen - sich mit Wassermolekülen umgeben.
Natürlich befasst sich Otto Dopfer nicht mit der Wissenschaft vom Nudelkochen. Stattdessen charakterisiert er die Kräfte, die zwischen Ionen und ihren Partnern wirken, und zwar mit Hilfe der Laserspektroskopie und mit quantenchemischen Techniken. Seine Arbeiten sind für fast alle Bereiche der Natur- und Lebenswissenschaften wichtig, denn überall dort spielen die Wechselwirkungen der Ionen eine wichtige Rolle: Ohne sie könnten viele Enzyme ihre Aufgaben nicht erledigen, fänden kaum chemische Reaktionen statt, gäbe es weniger Lösungs- und Kondensationseffekte. Ionen-Wechselwirkungen sind auch bei physikalisch-chemischen Vorgängen in Plasmen von Bedeutung, also in teilweise ionisierter Materie, wie sie zum Beispiel bei Entladungen, in Flammen oder im Weltraum vorkommt.
Besonders ausschlaggebend für die Verleihung des Akademiepreises waren Arbeiten, die Dopfer 2002 publiziert hat: Es gelang ihm, grundlegende Beiträge für die Aufklärung des bedeutendsten Reaktionstyps aromatischer Moleküle zu leisten, der "elektrophilen aromatischen Substitution". Dabei konnte er erstmalig eindeutig die Strukturen sehr kurzlebiger Zwischenstufen bestimmen. Aromatische Moleküle finden sich unter den Aroma- und Naturstoffen sowie bei vielen Chemikalien.
Dopfer bekam die Auszeichnung am 14. November bei der Jahressitzung der Akademie in Göttingen verliehen. An der Uni Würzburg arbeitet er mit einem Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Damit will es die DFG herausragenden Wissenschaftlern ermöglichen, sich auf eine wissenschaftliche Leitungsposition vorzubereiten und in dieser Zeit weiterführende Forschungsthemen zu bearbeiten.
Weitere Informationen: PD Dr. Otto Dopfer, T (0931) 888-6377, Fax (0931) 888-6302, E-Mail:
dopfer@phys-chemie.uni-wuerzburg.de
Dopfers preiswürdige Publikation heißt "Protoniertes Benzol: IR-Spektrum und Struktur von C6H7+", in: Angewandte Chemie 2002, Vol. 114, Seite 3781.