Strukturen sehen, die kleiner sind als die Wellenlänge des Beobachtungslichts
Die Clausthaler Physikstudentin Sandra Börner ging jüngst zur Vorbereitung ihrer Diplomarbeit für fünf Monate an das nationale Forschungszentrum von Berkeley in Kalifornien.
Was hat sie dort getan? Sich mit einer Technik befasst, die physikalische Grunddogmen korrigiert: Zwei Punkte, welche dichter beieinander liegen als die Hälfte der Wellenlänge des eingestrahlten Lichtes, werden ununterscheidbar. Sie verschwimmen zu einem Punkt. So lautet die klassische Regel für Lichtmikroskope. Sie gilt aber im Falle der optischen Nahfeldmikroskopie nicht mehr. Und mit dieser neuen Technik konnte Sandra Börner in der Gruppe von Professor Stephen R. Leone arbeiten. Mit einem solchen Mikroskop können Hell/Dunkelbereiche auf einer Oberfläche unterschieden werden, die nur ein Zehntausendstel einer Haaresbreite auseinander liegen. Diese Technik (NSOM) erlebt in den Forschungslaboratorien weltweit seit zehn Jahren einen stürmischen Aufschwung. Eine Weiterentwicklung dieser Technik, an der sie gearbeitet hat, ist das aperturlose NSOM (ANSOM).
Wie wird dieses Phänomen möglich? Wird eine Oberfläche von einem Laser unter dem Winkel der Totalreflexion beleuchtet, wird neben dem Fernfeld, das Details der Objekte zeigt, die größer als die Wellenlänge des eingestrahlten Lichtes sind, auch ein Lichtfeld erzeugt, das nur bis zu wenigen Hunderten Nanometern von der Oberfläche entfernt noch gemessen werden kann. Es zeigt Details der Oberfläche im Sub-Wellenlängenbereich. Eine Metallnadel (Durchmesser: unter 100 nm) sammelt dieses Lichtfeld und strahlt es wie eine optische Antenne ab; ihr Signal ist das Messinstrument.
Nanostrukturen zu sehen, war der eine, sie zu erzeugen, der andere Teil ihrer Arbeit in Berkeley. So stellte sie Zinkoxidnadeln auf einer Goldunterlage in der Größenordnung weniger Nanometer her. Aus diesem Material, einem Halbleiter, hofft man, eines Tages schnelle photoelektrische Schalter, Sensoren und Lichtquellen herstellen zu können. Heute sind derartige miniaturisierte Laserquellen, die ein Tausendstel Mal dünner als ein Haar und nur wenige Mikrometer lang sein werden, noch Zukunftsmusik. Konkret bedampfte Sandra Börner Quarz mit einer Goldschicht und in einem Röhrenofen umströmte Zinkdampf die Probe um sich dadurch mit dem Gold zu einer Legierung zu verbinden. Sind alle freien Goldatome abgesättigt, so kristallisiert Zink zu Zinkoxid aus und es wachsen Figuren aus Zinkoxid, Ringe oder Nadeln, je nachdem wie die Prozessparameter eingestellt werden "Ich habe diese Nanostrukturen hinsichtlich ihrer Größe, Qualität und Orientierung mit einem Rasterkraftmikroskop untersucht", berichtet Sandra Börner.
Am Wochenende erkundete sie San Francisco, die Pazifikküste und die Nationalparke im Umfeld. Ein Besuch auf der Gefangeneninsel Alcatraz durfte nicht fehlen. "Auch wenn es dort penetrant nach Vogelschiete stank", erzählt sie lachend. "Am Lake Tahoe habe ich zum ersten Mal in meinem Leben einen frei lebenden Wolf gesehen." Vor der Küste San Franciscos segelten sie. Meterhohe Wellen warfen die Jolle, als wäre sie eine Nussschale. Der klassische deutsche Tourist fährt in San Francisco mit der Cable Car, jener Straßenbahn, die sich zahnradgetrieben ächzend die hügeligen Straßen hinauf- und herunterzieht. Kennt sie die? "Die bin ich nicht gefahren, denn nach zwei Monaten fühlte ich mich eher wie eine Einheimische", sagt Sandra Börner und strahlt.
Die "Eintrittskarte" für ihren Studienaufenthalt stammte von ihrem Clausthaler Physikprofessor Wolfgang Schade, der selbst mit Professor Leone nach seiner Doktorarbeit zusammen gearbeitet hatte, zuletzt als Professor an der Boulder Universität in den USA, bevor er von dort an die TU Clausthal kam.
Weitere Informationen:
http://chem.berkeley.edu/people/faculty/leone/leone.html
http://www.pe.tu-clausthal.de/AGSchade/mitarbeiter/schade_eng.html