"Lehrexport" aus Heidelberg
Praxisnaher Unterricht für Medizinstudenten wird an allen deutschen Universitäten eingeführt / Heidelberger Mediziner trainieren Hamburger Kollegen für klinische Ausbildung
Wie wird aus einem Medizinstudenten ein Arzt? Die neue praxisorientierte Approbationsordnung für Ärzte stellt seit diesem Wintersemester hohe Anforderungen an die 36 medizinischen Fakultäten in Deutschland. Der Fachbereich Medizin der Universität Hamburg hat sich Unterstützung in Heidelberg geholt, wo bereits seit zwei Jahren die praxisnahe Medizinerausbildung HeiCuMed läuft, die fast alle Vorgaben der Approbationsordnung erfüllt. In einem Gutachten hatte der Wissenschaftsrat Anfang des Jahres HeiCuMed als "einen der umfassendsten Ansätze zur Reform der klinischen Ausbildung in Deutschland" gewürdigt.
Vor kurzem wurden 32 Ärzte des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf von sieben Heidelberger Trainern in einem fünftägigen Dozententraining in Fürth im Odenwald auf die Einführung ihres neuen Lehrkonzepts in Hamburg trainiert. "Wir bereiten derzeit unser neues klinisches Curriculum KliniCuM vor und freuen uns darüber, dass unsere Dozenten das Heidelberger Training durchlaufen können", erklärt Privatdozentin Dr. Sigrid Harendza, Internistin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und Sprecherin des Hamburger Curriculum Komitees.
Das Hamburger Curriculum enthält Elemente, wie sie in Heidelberg erfolgreich erprobt wurden: Blockpraktika in einzelnen Fächern, fächerübergreifende Vorlesungen zu Leitsymptomen und Kleingruppenunterricht, der sich mit der Lösung von Patientenfällen und Problemen befasst. Dazu kommt Training in der Kommunikation mit dem Patienten und in grundlegenden praktischen Fähigkeiten, wie Spritzen geben, Intubieren oder Wiederbelebung. Auf dem Weg zur "allgemeinen Arztreife" findet in Hamburg fächerübergreifender Unterricht in sechs Themenblöcken statt, deren Reihenfolge von den Studierenden frei gewählt werden kann.
"Stures Pauken von Faktenwissen gehört der Vergangenheit an"
Die Studenten erwerben ihr Wissen über Krankheiten ausgehend vom Beschwerdebild des Patienten, anstatt wie in der traditionellen Medizinerausbildung Faktenwissen auf den Kranken zu übertragen. Die Ausbildung entspricht eher dem Alltag eines klinisch tätigen Arztes, der von Symptomen auf die zugrunde liegende Erkrankung schließt. "Damit gehört stures Pauken von Faktenwissen ohne klinischen Zusammenhang der Vergangenheit an," sagt Privatdozent Dr. Thorsten Steiner, Oberarzt und HeiCuMed-Beauftragter in der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg.
Lehrern und Studierenden macht dies zudem viel mehr Spaß. Fächerübergreifend werden in Vorlesungen bestimmte Symptome wie "Luftnot" oder "Kopfschmerz" abgehandelt. Im Gruppenunterricht erproben die Studenten ihre neu erworbenen Fähigkeiten, klinische Fälle zu lösen, auch an "simulierten Patienten", Schauspielern, die jeweils ein Krankheitsbild darstellen.
HeiCuMed stellt hohe Anforderungen an die Lehrenden. Nach dem Motto "Train the Trainer" wurden deshalb bereits fünfmal insgesamt 200 Ärzte des Heidelberger Klinikums in einwöchigen Intensivkursen auf ihre Lehrtätigkeit vorbereitet. Um die didaktischen Fähigkeiten der Tutoren zu verbessern, sind die Pädagogische Hochschule Heidelberg und der Regionalverbund für Hochschuldidaktik der Universitäten Heidelberg und Mannheim als Kooperationspartner einbezogen. "Dass dieses Konzept "exportfähig" ist, hat der gemeinsame Trainingskurs mit den Hamburger Kollegen gezeigt", erklärt Dr. Steiner. Anfragen weiterer Fakultäten liegen bereits vor.
Ansprechpartner:
Dr. Thorsten Steiner: Thorsten_Steiner@med.uni-heidelberg.de
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