Zwanzigeins oder einundzwanzig: RUB-Kolloquium zur deutschen Aussprache von Zahlen
Unter allen modernen Sprachen haben nur wenige ein verdrehtes Zahlenaussprechsystem ("einundzwanzig" statt "zwanzigeins"), das unsere Schüler ebenso benachteiligt wie Ausländer, die deutsch lernen. An der Fakultät für Mathematik der RUB beschäftigt sich Prof. Dr. Lothar Gerritzen schon länger mit diesem Problem: Er fordert eine Reform der deutschen Zahlenaussprechweise, indem die "unverdrehte" Aussprache der Zahlen in den Wortschatz übernommen wird. Auf Gerritzens Initiative findet am 19. Januar 2004 ein fachübergreifendes Kolloquium über "Das deutsche Zahlenaussprechsystem" statt.
Bochum, 12.01.2004
Nr. 8
Zwanzigeins oder einundzwanzig
Kolloquium: Das deutsche Zahlenaussprechsystem
RUB-Mathematiker: Nachteile für deutsche Schüler
Der Engländer sagt "twentyone" (zwanzigeins), die Französin "vingt et un" (zwanzig und eins) - die Deutschen drehen die Zahlen in der Aussprache um, nennen es "einundzwanzig". Unter allen modernen Sprachen haben nur wenige ein solch verdrehtes Zahlenaussprechsystem, das unsere Schüler ebenso benachteiligt wie Ausländer, die deutsch lernen. An der Fakultät für Mathematik der RUB beschäftigt sich Prof. Dr. Lothar Gerritzen schon länger mit diesem Problem: Er fordert eine Reform der deutschen Zahlenaussprechweise, indem die "unverdrehte" Aussprache der Zahlen in den Wortschatz übernommen wird. Auf Gerritzens Initiative findet daher am 19. Januar 2004 ein fachübergreifendes Kolloquium über "Das deutsche Zahlenaussprechsystem" statt (16.15 Uhr, Hörsaal HZO 60, Themen s. u.), zu dem die Medien und die Öffentlichkeit herzlich willkommen sind.
Programm im Internet
Das ausführliche Programm des Kolloquiums steht im Internet unter http://www.ruhr-uni-bochum.de/ffm/pdf/Kolloquium.pdf
Didaktische Gründe und wirtschaftliche Schäden
Der Bochumer Mathematiker will das deutsche Zahlenaussprechsystem nicht revolutionieren, sondern reformieren: "Unser Sprachgebrauch muss sich um die unverdrehte Variante erweitern: Es sollte möglich sein, zum Beispiel im Unterricht das englische 'twentyone' einfach in 'zwanzigeins' zu übersetzen." Aus zwei Gründen hält Gerritzen dies für erforderlich. Zum einen aus didaktischer Sicht: "Es ist nicht auszuschließen, dass deutsche Schüler einen Nachteil im internationalen Vergleich haben", so Gerritzen mit Blick auf die PISA-Studie. Zum anderen aus wirtschaftlicher Sicht: "In der Kommunikation besteht die Gefahr von Verwechselungen und Fehlern, zum Beispiel, wenn mir jemand Zahlen am Telefon durchgibt. Es ist nicht leicht, den wirtschaftlichen Schaden zu beziffern, der daraus entsteht - aber das könnte man empirisch untersuchen."
Ein Beitrag zur Bildungsdiskussion
"Unser Kolloquium ist nur ein Anfang, um das Problem ins Bewusstsein der Bildungspolitiker zu rücken", sagt Gerritzen. Langfristiges Ziel sei, dass sich die Kultusminister der Länder des Themas annehmen, um vor allem den Schulunterricht zu ändern. Lothar Gerritzen will die Beschäftigung mit dem deutschen Zahlenaussprechsystem weiter vertiefen: Denkbar seien etwa weitere Veranstaltungen - auch mit Bildungspolitikern - und eine Dokumentation des kommenden Kolloquiums als Arbeits- und Diskussionsgrundlage für Politiker.
Fachübergreifendes Kolloquium: die Themen
Für das erste Bochumer Kolloquium zu diesem Thema hat Gerritzen Experten aus verschiedenen Disziplinen versammelt, die "die Krux mit unseren Zahlen" aus ihrer jeweiligen Perspektive aufgreifen: So zeigt der Bochumer Philologe Prof. Dr. Heinz H. Menge, wie andere Sprachen mit Zahlenkompositionen umgehen, der Dortmunder Mathematiker Prof. Dr. Erich Wittmann erläutert, dass sprachliche Unregelmäßigkeiten bei deutschen Zahlennamen zum Handicap werden, mathematische Muster frühzeitig zu erkennen. Es geht um "neurowissenschaftliche Befunde zur Zahlenverarbeitung" (PD Dr. Michael von Aster, Kinder- und Jungendpsychiatrie, Berlin; Zentrum für Neurowissenschaften der ETH und Universität Zürich), um die Sprechweise mehrstelliger Zahlen als "Stolperstein für Kinder mit Lernschwierigkeiten" (Roy Sinha, Grundschullehrer und Didaktiker, Dortmund) sowie um "psychologische Vorgänge bei der Repräsentation von Zahlen" (Prof. Dr. Hans-Georg Bosshardt, Fakultät für Psychologie der RUB). Nach der Begrüßung durch den Prorektor für Forschung der RUB, Prof. Dr. Jörg Winter, eröffnet Prof. Dr. Lothar Gerritzen das Kolloquium mit einem Kurzvortrag über "Adam Riese und das dekadische Stellenwertsystem".
Weitere Informationen
Prof. Dr. Lothar Gerritzen, Fakultät für Mathematik der RUB, NA 2/33, Tel. 0234/32-28304, E-Mail: Lothar.Gerritzen@rub.de
Weitere Informationen:
http://www.ruhr-uni-bochum.de/ffm/pdf/Kolloquium.pdf