Deutsche Hochschulen suchen neues Profil
Erfolgreiche Tagung von Universität Heidelberg, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und Hochschulrektorenkonferenz - "Schlüsselkompetenzen: Schlüssel für (Aus-)Bildungsqualität und Beschäftigungsfähigkeit?"
Zwei Tage trafen 150 Bildungsexperten in Heidelberg zusammen und diskutierten über das Thema "Schlüsselkompetenzen". Vorbei sind die Zeiten, als der durchsetzungsfreudige Einzelkämpfer erst an der Universität und später dann im Betrieb Furore machte. Heute zählen Teamgeist, Analysestärke und Verantwortungsbewusstsein. Personalchefs erwarten von Hochschulabsolventen, dass sie fit für den Beruf sind. Nicht nur technisches Fachwissen sollen diese von der Universität mitbringen - sondern sie müssen ihre Ideen auch in verständlicher Form an die Kollegen weitergeben können.
Deshalb sollen in Zukunft schon während des Studiums gezielt fachübergreifende Fähigkeiten trainiert werden. EDV-Kenntnisse, Fremdsprachen oder ein sicherer Umgang mit Medien gelten bald als selbstverständlich. "Wir sind, was die Entwicklung von solchen Fähigkeiten angeht, im Vergleich zu vielen unserer Nachbarn noch ein Entwicklungsland", resümierte Dr. Dieter Grühn vom Career Service Netzwerk Deutschland. "Doch es herrscht derzeit ungeheuer viel Bewegung. Von oben, weil die Politik es fordert. Aber auch von unten, denn die gegenwärtige Studentengeneration ist selbstbewusst und verlangt solche Programme."
Während am vergangenen Donnerstag die Experten in einzelnen Foren Spezialthemen und unterschiedliche Modelle des Kompetenzerwerbs besprachen, wurden am Freitag bei einer Podiumsdiskussion die Ergebnisse vorgestellt. Das Fazit fiel dabei eindeutig aus: Das Profil der deutschen Hochschulen muss und wird sich in den nächsten Jahren gravierend verändern. In deutlich kürzerer Zeit sollen die Studenten nicht nur fachliche Kenntnisse erwerben, sondern es werden auch ihre sozialen und kommunikativen Fähigkeiten aktiv gefördert.
Kritiker werfen gerne ein, dass das Studium heute schon viel zu vollgepackt sei. Dass die Studenten neben ihrem Lernstoff nicht noch mit fachfremden Inhalten gefordert, ja mit diesen vielleicht sogar überfordert werden sollten. "Diese Denkart ist aber falsch", zeigt sich der Psychologe Dietmar Chur vom Zentrum für Studienberatung und Weiterbildung der Universität Heidelberg (ZSW) überzeugt. "Wer weiß, wie er am besten lernt, oder wie er mit Frustrationen umgeht oder auch wie er Lerngruppen organisiert, der braucht weniger, nicht mehr Zeit. Er arbeitet viel effektiver."
Aber nicht nur das Lernprofil der Studenten wird sich im Zuge der weiträumigen Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen verändern. Auch die Lehrenden müssen in der Lage sein, ihnen dieses Wissen zu vermitteln. Das wiederum bedingt ganz neue Strukturen innerhalb der Universitäten. Weitgehend offen ist jedoch die Frage, wie die Qualität der neuen didaktischen Leistungen überprüft wird. "Das Problem ist hier leider oft das Beharrungsvermögen der Lehrenden", so Dr. Falk von Westarp, Marketing Director der Internet-Jobbörse Monster Worldwide Germany. "Die Hochschulen selbst müssen deutlicher erkennen, dass sie einem beständigen Wandel unterworfen sind", so seine Wahrnehmung der gegenwärtigen Situation.
Aus der Sicht eines Wirtschaftsunternehmens beleuchtete Dr. Frank S. Becker das heikle Feld der Schlüsselkompetenzen. Becker, Leiter der Bereichs Bildungspolitik bei Siemens, erachtet diese als zweifelsohne wichtig. "Doch um Missverständnisse zu vermeiden: Mit ihnen schließt man nicht die Tür auf, um in eine Firma hineinzukommen!" Nach wie vor bleibe hier die fachliche Qualifikation entscheidend. "Doch was den weiteren Verlauf der Karriere angeht, kommt es auf sie an. Sie sind sehr wohl der Türöffner in die oberen Stockwerke." Auch forderte Becker die Bereitschaft ein, lebenslang zu lernen. Er selbst habe seine Position innerhalb des Unternehmens mehrfach gewechselt. "Der wiederkehrende Sprung ins kalte Wasser gehört einfach dazu." Nur wer erkenne, dass es keine Bedrohung sei, immer wieder auch "Lehrling" zu werden, bleibe beruflichen Herausforderungen gewachsen.
Viel Applaus für die gelungene Organisation erhielt Dr. Andreas Barz von den Teilnehmern. Barz, Leiter des ZSW, hatte die Tagung "Schlüsselkompetenzen: Schlüssel für (Aus-)Bildungsqualität und Beschäftigungsfähigkeit?" zusammen mit dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und der Hochschulrektorenkonferenz auf die Beine gestellt.
Dr. Johannes Schnurr
Ansprechpartner:
Dr. Andreas Barz
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Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
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