Das Studium Generale der Universität Heidelberg bringt Bürger und Wissenschaftler zusammen
Im Sommersemester 2004 richtet sich der Blick auf Olympia - Prorektor Prof. Dr. Jochen Tröger sagt: "Wir möchten die Atmosphäre des lebendigen Gesprächs!"
Schon seit rund einem Vierteljahrhundert ist das Studium Generale an der Ruprecht-Karls-Universität eine feste Einrichtung. Doch seine Wurzeln reichen weit in die Vergangenheit zurück. Während heute die Absolventen in ihrer wissenschaftlichen Disziplin allem Augenschein nach gar nicht spezialisiert genug sein können, war in früheren Jahrhunderten an der Hochschule der Generalist gefragt. "Bildung bedeutete damals, sich mit vielen geistigen Strömungen auseinanderzusetzen", so Prorektor Professor Jochen Tröger, Vorsitzender der Studium-Generale-Kommission. "Der Diskurs war das wichtigste Medium, um sich zu den verschiedensten Themen eine Meinung zu bilden. Und genau diese Atmosphäre des lebendigen und kritischen Gesprächs möchten wir im Studium Generale pflegen!"
Jeweils im Sommersemester und im Wintersemester findet das Studium Generale in der Aula der Neuen Universität statt. Der Eintritt ist gratis; im Durchschnitt nutzen rund 200 Gäste das Angebot, und fast an jedem Montagabend im Semester findet ein Vortrag statt. Die Vorträge stehen dabei unter einer bestimmten inhaltlichen Vorgabe. Im vergangenen Wintersemester lautete das Motto "Bildersturm". Im Sommersemester 2004 wird es "Olympia - Sieg und Niederlage" sein. Ziel ist es dabei stets, zu aktuellen und brisanten Themen profilierte Referenten nach Heidelberg zu holen und so der Diskussion möglichst viele Perspektiven zu eröffnen.
Am Ende einer Vortragsreihe werden die Beiträge in einem Sammelband publiziert. "Wir möchten ein Forum für die Begegnung von namhaften Wissenschaftlern, Studenten und Bürgern sein. Wir achten auch darauf, dass unsere Vortragenden gute Redner sind. Denn nicht zuletzt von ihrer Fähigkeit, die Hörer rhetorisch zu begeistern, hängt der Reiz einer solchen Veranstaltung ab", erklärt Dr. Heiner Must, Koordinator der Studium- Generale-Kommission. Immer zu Anfang des Semesters tritt die Kommission zusammen. Neben Tröger und Must gehören ihr auch Mitglieder der verschiedenen Fakultäten sowie ein Vertreter der Studentenschaft an. In lebhafter Diskussion einigt man sich frühzeitig auf das Thema des kommenden Semesters. Nicht immer findet die Wahl ungeteilte Zustimmung. Einiges an Kritik muss sich Prorektor Tröger schon anhören, doch stört ihn dies nicht. "Dann weiß ich wenigstens, dass wir den Nerv getroffen haben. Und die anerkennenden Stimmen überwiegen immer bei weitem." Vor allem die Veranstaltung "Vom Frieden - Deutschlands Aufgaben in Europa und in der Welt von morgen" im Wintersemester 2001/02 sorgte für reichlich Diskussion. Gastredner Helmut Schmidt füllte gleich drei Hörsäle, mit Kameras wurde sein Vortrag übertragen. Aber auch das Thema "Der 11. September - Ursachen und Folgen" im Sommersemester 2002 erregte manches Gemüt.
Bis der Vortragsreigen für ein Studium-Generale-Semester steht, ist gleichwohl viel Organisation hinter den Kulissen nötig. Tröger und Must steht hierfür eine halbe wissenschaftliche Hilfskraft zur Verfügung. Die finanzielle Ausstattung des Projekts wird von der Universität bereitgestellt. Rund die Hälfte aller Vortragenden kommt von Universitäten oder Institutionen außerhalb Heidelbergs. Die auswärtigen Referenten erhalten Anfahrt, Hotel und eine Aufwandsentschädigung. Die vortragenden Heidelberger Forscher werden mit Dank und Anerkennung belohnt. Dennoch war es bislang nie ein Problem, hervorragende Referenten zu gewinnen. Was sich Tröger wünscht, sind noch mehr Studenten bei den Vorträgen des Studium Generale.
Der nächste Themenkreis wird für diese Zielgruppe besonders interessant sein. "Olympia - Sieg und Niederlage" beschäftigt sich mit vielen heiklen Fragen rund um den Spitzensport, sei es aus philosophischer, psychologischer oder medizinischer Sicht. Selbst eine Oper über Olympia wird aufgeführt. "Wenn ich sehe, dass selbst nach einer langen Diskussion noch kleine Grüppchen auf dem abendlichen Universitätsplatz zusammenstehen und sich angeregt unterhalten - dann spüren wir den lebendigen Geist der Wissenschaft!", so Tröger.
Dr. Johannes Schnurr
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