Wie das Gehirn Sprache verarbeitet
Sechsteilige Vortragsreihe zur Hirnforschung am Deutschen Hygiene-Museum Dresden in Kooperation mit der VolkswagenStiftung - erste Veranstaltung am Montag, 1. März 2004, 19 Uhr, Marta-Fraenkel-Saal
Ist all unser Denken und Tun nur mit dem Ablauf neuronaler Prozesse zu erklären? Wie entsteht Intelligenz? Können Maschinen bald besser denken als Menschen? Vieles in der Wissenschaft dreht sich derzeit um die Hirnforschung. Doch warum eigentlich? - Weil das ganze geballte Wissen der Forscher, die auf den Ebenen der Moleküle, der Zellen und der Informationsnetze arbeiten, im 21. Jahrhundert dort zusammenfließen wird. Und weil deren Erkenntnisse unmittelbar Auswirkungen auf uns alle haben werden. Dabei ruft der neurobiologische Aufbruch nicht nur Euphorie, sondern auch Skepsis, Ängste und Antipathie hervor. Schon jetzt entfachen Hirnforscher durch ihre neuesten Erkenntnisse brisante philosophisch-gesellschaftliche Debatten: etwa zur Frage des freien Willens und der Verantwortung des Einzelnen für seine Handlungen.
An sechs Vortragsabenden stellen im Deutschen Hygiene-Museum Dresden prominente deutsche Wissenschaftler Erkenntnisse der aktuellen Hirnforschung vor. Die Vorträge begleiten die von der VolkswagenStiftung initiierte Ausstellung "science + fiction - zwischen Nanowelt und globaler Kultur", die noch bis zum 18. April 2004 im Deutschen Hygiene-Museum zu sehen ist.
1. März, Montag, 19 Uhr: "Wie das Gehirn Sprache verarbeitet"
Professorin Dr. Angela Friederici, Direktorin am Max-Planck-Institut für neuropsychologische Forschung, Leipzig
Die Linguistin und Psychologin Professor Angela Friederici hat wichtige Forschungsarbeiten zu den neuronalen Grundlagen des Sprechens geleistet und sich mit den Ursachen von Sprachstörungen beschäftigt. Sprache - das ist ein verwobenes Netzwerk aus Lauten, Struktur und Bedeutung. Seine ganzen Fähigkeiten mobilisiert das Gehirn, um den Geräuschen der Stimmbänder des Gesprächspartners einen Sinn zu geben. In einer guten halben Sekunde testen die grauen Zellen genuschelte Endungen auf grammatische Richtigkeit, prüfen Wörter und Sätze auf Sinn und Logik, schaffen einen grammatischen Bauplan, weisen thematische Rollen zu (wer tut was wem) - und interpretieren letztlich das Gesprochene. All diese Prozesse des Sprachverstehens untersucht die Arbeitsgruppe "Neurokognition von Sprache" um Angela Friederici. Die Ergebnisse untermauern, dass das Gehirn unglaublich schnell zunächst die Grammatik des Gehörten verarbeitet, ehe es die Bedeutung von Wörtern und Sätzen analysiert - und zwar hoch automatisiert, fern jeder bewussten Kontrolle.
Mit den Ergebnissen des Friederici-Teams verfeinert sich die neuronale Landkarte der Sprachverarbeitung im Gehirn. Bei den Experimenten werden ganz bestimmte Parameter der Sprache systematisch verändert. Dabei kommt zum Beispiel die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) zum Einsatz, mit deren Hilfe sich erfassen lässt, wie sich der Moment des Verstehens in den entsprechenden Regionen des Gehirns bei den Testpersonen darstellt. Wie gut und wie schnell die kleinen "Sprachlernmaschinen" das Angebot annehmen, untersucht Angela Friederici derzeit gemeinsam mit Kollegen der Universitäten in Berlin, Potsdam und Magdeburg sowie der Berliner Klinik Lindenhof. Die Forscher wollen sechs Jahre lang die sprachliche Entwicklung im Gehirn bei 250 Mädchen und Jungen von der Geburt an verfolgen: ein weltweit einmaliges Projekt. Beteiligt sind zur Hälfte Kinder, die aus Familien mit Sprachstörungen stammen, zur anderen Hälfte Nachwuchs aus "sprachlich unauffälligen Familien". Der Vergleich soll helfen, die einzelnen Prozesse der Sprachverarbeitung detailliert aufzuklären, um künftig Störungen bei der Sprachentwicklung früher entdecken und therapieren zu können.
- Hier die weiteren fünf Veranstaltungen des Rahmenprogramms: Alle Vorträge finden statt im Marta-Fraenkel-Saal des Hygiene-Museums, Lingnerplatz 1. Eintritt 2 Euro, ermäßigt 1 Euro, Schüler kostenlos.
11. März, Donnerstag, 19 Uhr:
"Hilft mehr Denken? Neue Forschungen für ein Altern ohne Alzheimer"
Professor Dr. Konrad Beyreuther, Staatsrat für Lebens- und Gesundheitsschutz der Landesregierung Baden-Württemberg, Zentrum für Molekulare Biologie, Heidelberg
18. März, Donnerstag, 19 Uhr:
"Die Materialisierung des Ich. Hirn-Forschungs-Geschichten"
Professor Dr. Olaf Breidbach, Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik, Friedrich-Schiller-Universität Jena
23. März, Dienstag, 19 Uhr:
"Die Geburt der Intelligenz. Von der Entwicklung des kindlichen Gehirns"
Professor Dr. Jochen Oehler, Arbeitsgruppe Neurobiologie, Universitätsklinikum, Technische Universität Dresden
25. März, Donnerstag, 19 Uhr:
"Ersetzen Maschinen das Leben? Natürliche und Künstliche Intelligenz im Wettbewerb"
Professor Dr. Klaus Mainzer, Institut für Interdisziplinäre Informatik, Universität Augsburg
15. April, Donnerstag, 19 Uhr:
"Das gläserne Gehirn. Kann die Hirnforschung das Bewusstsein klären?"
Professor Dr. Andreas Engel, Direktor des Instituts für Neurophysiologie und Pathophysiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
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