Wie das Gehirn Sprache verarbeitet
Prof. Dr. Angela Friederici, Direktorin des Max-Planck-Instituts für neuropsychologische Forschung, Leipzig.
Montag, 1. März 2004, 19 Uhr im Deutschen Hygiene-Museum Dresden,Lingnerplatz 1, 01069 Dresden
Erster Vortrag in der Reihe zur Hirnforschung in Kooperation mit der VolkswagenStiftung begleitend zur Ausstellung "science + fiction. Zwischen Nanowelt und globaler Kultur"
Die Linguistin und Psychologin Prof. Friederici hat wichtige Forschungsarbeiten zu den neuronalen Grundlagen des Sprechens im Gehirn geleistet und sich mit den Ursachen von Sprachstörungen beschäftigt.
Sprache - das ist ein verwobenes Netzwerk aus Lauten, Struktur und Bedeutung. Seine ganzen Fähigkeiten mobilisiert das Gehirn, um dem Geknatter der Stimmbänder des Gesprächspartners einen Sinn zu geben. In einer guten halben Sekunde testen die grauen Zellen genuschelte Endungen auf grammatische Richtigkeit, prüfen Wörter und Sätze auf Sinn und Logik, schaffen einen grammatischen Bauplan, weisen thematische Rollen zu (wer was wem tut?) und interpretieren letztlich das Gesprochene. All diese Prozesse untersucht die Arbeitsgruppe "Neurokognition von Sprache" um Direktorin Angela Friederici beim Sprachverstehen. Die Ergebnisse untermauern, dass das Gehirn unglaublich schnell zunächst die Grammatik des Gehörten verarbeitet, ehe es die Bedeutung von Wörtern und Sätzen analysiert - und zwar hoch automatisiert, fern jeder bewussten Kontrolle.
Die Ergebnisse des Friederici-Teams verfeinern die neuronale Landkarte der Sprachverarbeitung im Gehirn. Bei seinen Experimenten werden ganz bestimmte Parameter der Sprache systematisch verändert. Im Moment des Verstehens analysierten die Forscher die Gehirne von Testpersonen beispielsweise mit der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT).
Wie gut und wie schnell die kleinen "Sprachlernmaschinen" das Angebot annehmen, untersucht Angela Friederici jetzt zusammen mit Kollegen der Universitäten in Berlin, Potsdam und Magdeburg sowie der Berliner Klinik Lindenhof. Die Forscher verfolgen wahrscheinlich sechs Jahre lang die sprachliche Entwicklung im Gehirn bei 250 Mädchen und Jungen von Geburt an - ein weltweit einmaliges Projekt. Beteiligt sind zur Hälfte Kinder, die aus Familien mit Sprachstörungen stammen. Im Vergleich zu sprachlich unauffälligen Familien sollen die einzelnen Prozesse der Sprachverarbeitung detailliert aufgeklärt werden, um künftig Störungen bei der Sprachentwicklung früher entdecken und therapieren zu können.
Weitere Informationen:
http://www.dhmd.de