Neuer Start ins All
Kometen erlauben es, mehr als vier Milliarden Jahre in die Vergangenheit zurückzublicken. Dies ist Ziel eines Vorhabens der ESA mittels der Kometensonde "Rosetta", welche den Lander "Philae" zu einem Kometen transportiert.
Nach einem verschobenen Start am 26. Januar 2003 startet diese nun mit einer "Ariane 5" Ende Februar 2004 zum Rendezvous mit dem Kometen "Churyumov-Gerasimenko" in 2014.
Die Raumsonde wird den Kometen ca. ein Jahr begleiten und den Kern kartographieren. Neun Instrumente befinden sich an Bord des Landegerätes Philae, der auf Churyumov-Gerasimenko abgesetzt wird. Da Kometen kaum Anziehungskraft haben, wird der Lander mit einer Harpune mit Widerhaken verankert. Zwei Harpunen sind vorhanden; jede kann gekappt werden, sodass ein Standortwechsel auf dem Kometen möglich ist.
Im Rahmen des Experimentenpaketes SESAME (Surface Electric Sounding and Acoustic Monitoring Experiment) zur Untersuchung physikalischer Eigenschaften der Kometenoberfläche ist das Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP an dem Instrument CASSE Comet Acoustic Surface Sounding Experiment ("akustische Sondierung") beteiligt. Untersucht werden die Oberflächeneigenschaften und die innere Struktur des Kometen. Kometen sind in der Planetenforschung von besonderem Interesse. Sie stellen eine Klasse von Körpern des Sonnensystems dar, die sich seit ihrer Entstehung in den Frühphasen des Sonnensystems nur sehr wenig, und in ihrem Innern vermutlich überhaupt nicht verändert haben. Sie können somit für Modellvorstellungen zur Entstehung des Planetensystems wesentliche Informationen liefern. Die Eigenschaften in Oberflächennähe werden durch die kometare Evolution der oberflächennahen Schichten verändert, also ist die Kenntnis dieser evolutionären Prozesse an und in Kometenoberflächen entscheidend für die wissenschaftliche Interpretation von entsprechenden Messdaten.
CASSE soll die mechanischen und strukturellen Eigenschaften der oberflächennahen Schichten bis zu einigen Metern Tiefe untersuchen. Ausgangspunkt ist dabei die Bestimmung der Schallgeschwindigkeit im Boden, auch in ihrer tagesgängigen und langfristigen Variation im Zusammenhang mit dem Wassereisgehalt. Aus diesen Messungen können sowohl die mechanischen Eigenschaften des Oberflächenmaterials abgeleitet werden als auch Strukturierungen wie Schichten und Inhomogenitäten erkannt werden. Das IZFP ist im Rahmen des CASSE-Experimentes verantwortlich für Entwicklung und Bau der piezoelektrischen Wandler zur Erzeugung und zum Empfang der Schallwellen sowie für die Realisierung des Messkonzepts. In den Füßen des Landers sind die Schallwandler untergebracht. Die Auswertealgorithmen zur Bestimmung der mechanischen Eigenschaften der Kometenoberfläche aus den Messdaten wurden in einer vom IZFP und der DLR, Institut für Raumfahrtsimulation, gemeinsam betreuten Dissertation entwickelt. Diese Dissertation wird an der Universität des Saarlandes in Kürze eingereicht.
Das Instrument ist autonom, allerdings von der Erde aus programmierbar. Die Entfernung Erde - Churyumov-Gerasimenko beträgt bei der Landung ca. 450 Millionen km, was 3 astronomischen Einheiten entspricht (1 astronomische Einheit ist die mittlere Entfernung Erde - Sonne). Die Laufzeit der Signale beträgt ca. 25 min. Dann können die übermittelten Daten auf der Erde ausgewertet werden.
Für erste Testmessungen zur Realisierung des Konzeptes waren Wissenschaftler des IZFP auf einem Gletscher in der Schweiz, um die Ausbreitung von Schallwellen in verschmutztem Eis respektive Schneemassen zu untersuchen, da Kometen im Wesentlichen aus Eis bestehen. Außerdem enthalten sie eine Menge rußigen Staubes, sodass man auch von "schmutzigen Schneebällen" spricht.
Das Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren ist Partner in diesem Projekt aufgrund seiner anerkannten Kompetenz im Bereich Schallwellen und Schallausbreitung in Werkstoffen und Prüfkopfbau.