Mitbestimmung: Was sie ökonomisch bewirkt, gerade in Umbruchphasen, und wie man sie sichern und stärken kann
Wissenschaftlicher Rechercheservice - der Hans-Böckler-Stiftung
„Die Mitbestimmung werden wir weiterentwickeln“, haben SPD, Grüne und FDP in ihrem Sondierungspapier angekündigt. Das wäre eine sehr gute Nachricht, wenn daraus Reformen folgen, die die Mitbestimmung in Betrieb und Unternehmen wirksam sichern und stärken. Warum das sinnvoll und dringend nötig ist, zeigt der folgende Überblick über die aktuelle Forschung.
Dass in Deutschland Beschäftigte Betriebsräte wählen und in großen Unternehmen im Aufsichtsrat mitbestimmen können, gehört zum wirtschaftlichen Erfolgsmodell der Bundesrepublik. Aktuelle Studien zeigen, dass mitbestimmte Unternehmen zum einen bessere Arbeitsbedingungen bieten und zum anderen wirtschaftlich erfolgreicher sind: https://www.boeckler.de/de/pressemitteilungen-2675-22753.htm. Das ergibt eine Analyse wichtiger wirtschaftlicher Größen wie operativer Gewinn oder Gesamtkapitalrentabilität. Zudem investieren sie mehr: https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-mehr-investitionen-durch-mitbestimmung-21543.htm, sie verfolgen häufiger eine innovationsorientierte Geschäftsstrategie und sind produktiver: https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-wirtschaftlicher-mit-betriebsrat-8427.htm.
Insbesondere Wirtschaftskrisen und Umbruchphasen bewältigen Unternehmen mit starker Mitbestimmung besser: https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-mitbestimmung-zahlt-sich-aus-4592.htm, zeigt beispielsweise eine großangelegte Untersuchung von Wirtschaftswissenschaftlern der Universitäten Göttingen und Marburg. Die Ökonomen raten daher, Mitbestimmung gerade angesichts der anstehenden Transformationssituation als Chance wahrzunehmen. Hinzu kommt: Wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mitbestimmen, neigen Unternehmen deutlich seltener zu legalen, aber riskanten Bilanzierungspraktiken: https://www.boeckler.de/pdf/pm_imu_2020_07_16.pdf oder aggressiver Steuervermeidung. Dagegen steigt mit der Mitbestimmung im Aufsichtsrat die Wahrscheinlichkeit, dass sich Unternehmen glaubhaft zur Einhaltung sozialer oder ökologischer Ziele: https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-mitbestimmung-foerdert-csr-4418.htm verpflichten.
Trotzdem versuchen Arbeitgeber die demokratische Beteiligung von Beschäftigten auszuhebeln. Und große Lücken in den Mitbestimmungsgesetzen machen ihnen das leicht: Mindestens 2,1 Millionen Beschäftigte sind davon betroffen: https://www.boeckler.de/de/tagungsberichte-18029-umgehung-von-mitbestimmung-kann-man-stoppen-33217.htm, so eine Analyse von 2020. Allein unter den deutschen Großunternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten unterlaufen fast 200 über Schwachstellen in den Gesetzen die paritätische Mitbestimmung, mehr als 100 andere ignorieren die Mitbestimmungsgesetze ganz einfach – das ist rechtswidrig, aber spürbare juristische Sanktionen gibt es bislang dafür nicht.
Alle genannten Gesetzeslücken sind seit langem bekannt und wären mit geringem gesetzgeberischen Aufwand zu schließen: https://www.boeckler.de/de/tagungsberichte-18029-umgehung-von-mitbestimmung-kann-man-stoppen-33217.htm.
Hier finden Sie alle genannten Studien: https://www.boeckler.de/de/auf-einen-blick-17945-21087.htm auf einer Seite. Zusammenfassungen weiterer Untersuchungen gibt es kompakt in einem Dossier: https://www.imu-boeckler.de/data/Hans-Boeckler-Stiftung_Mitbestimmung_Gestaltungsprinzip-der-.pdf.
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