Auf die Größe kommt es an - VW-Stiftung fördert Projekt zu auditorischen Objekten
Eine zentrale Aufgabe unseres Gehirns ist die Sortierung der Unzahl von auf uns einströmenden Sinneswahrnehmungen in sinnvolle Wahrnehmungsobjekte. So extrahieren wir aus einem komplizierten Schallsignal, welches auf unser Ohr trifft sowohl inhaltliche Information, beispielsweise bei Sprache und Musik, als auch Information über die Schallquelle, etwa Information über die Größe eines Sprechers oder eines Musikinstruments. Die Neurowissenschaften stehen vor der Herausforderung, die grundlegenden Mechanismen dieser komplexen Wahrnehmungsleistung zu entschlüsseln. Die VolkswagenStiftung fördert im Rahmen der Förderungsinitiative "Dynamics and Adaptivity of Neuronal Systems - Integrative Approaches to Analysing Cognitive Functions" interdisziplinäre Projekte auf diesem Gebiet. Das Verbundprojekt "Auditory Object Normalisation", an dem mehrere Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) beteiligt sind, wurde jetzt bewilligt und wird mit 850.000 Euro gefördert. Federführend ist Dr. Lutz Wiegrebe von der Sektion Neurobiologie am Department Biologie II der LMU.
Säuger haben die außerordentliche Fähigkeit, auditorische Objekte wie Kommunikationslaute und Sprache trotz der natürlichen Variabilität der Schalle sicher zu erkennen. Echoortende Säuger erkennen sogar reale, dreidimensionale Objekte durch die auditorische Echoanalyse. Ein Großteil der Information über die Form und Struktur des auditorischen Objekts steckt in seiner Impulsantwort und ein Großteil der Variabilität hängt mit der Größe der Schallquelle zusammen - etwa ein sprechendes Kind im Gegensatz zu einem sprechenden Erwachsenen oder die Echos eines kleinen Gegenstands im Gegensatz zu den Echos eines größeren derselben Form in der Echoortung.
Für die sichere Erkennung von auditorischen Objekten ist also eine Trennung von Größeninformation und Strukturinformation essentiell. Diese Trennung resultiert in größenunabhängiger Strukturinformation; das auditorische Objekt wird normiert. Eine wissenschaftliche Erklärung dieser außerordentlichen Wahrnehmungsleistung und ihrer neuronalen Grundlagen fehlt jedoch. Im beantragten Verbundprojekt sollen die Wahrnehmung und die neuronalen Grundlagen von auditorischer Objektnormierung charakterisiert werden. Das Methodenspektrum reicht von der Psychophysik über bildgebende Verfahren bis zur Elektrophysiologie.
An dem Projekt sind neben zwei britischen Gruppen von den "Wellcome Functional Imaging Laboratories" in London und dem "Centre for the Neural Basis of Hearing" der University of Cambridge drei LMU-Forscher mit ihren Mitarbeitern beteiligt. Sie alle gehören der Sektion Neurobiologie am Department Biologie II an. Dr. Lutz Wiegrebe aus München und Professor Roy Patterson aus Cambridge setzen sich von psychophysikalischer und neurotheoretischer Seite mit der auditorischen Objektnormierung in der Echoortung der Fledermäuse und beim Mensch auseinander. Basierend auf diesen Erkenntnissen werden Professor Benedikt Grothe und Professor Gerd Schuller aus München sowie Professor Tim Griffiths aus London mit bildgebenden Methoden und Elektrophysiologie die neuronalen Grundlagen dieser außerordentlichen Wahrnehmungsleistung erhellen. (suwe)
Ansprechpartner:
PD Dr. Lutz Wiegrebe
Sektion Neurobiologie, Department Biologie II der LMU
Tel.: +49 89 5902-609
Fax: +49 89 5902-450
E-Mail: wiegrebe@zi.biologie.uni-muenchen.de