DECHEMA-Studentenpreise 2004 - Sechs Absolventen für effizienten Studienabschluß ausgezeichnet
Zum elften Mal werden in diesem Jahr die DECHEMA-Studentenpreise an Absolventen der Diplom-Fachrichtungen Technische Chemie, Chemische Verfahrenstechnik / Chemieingenieurwesen und Biotechnologie vergeben, die sich bei hervorragenden fachlichen Leistungen durch ein besonders kurzes und damit effizientes Studium ausgezeichnet haben.
Auf Beschluß des DECHEMA-Unterrichtsausschusses erhalten im Rahmen eines Festkolloquiums zur Amtsübergabe des Vorsitzenden der DECHEMA (Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e. V.) am 7. Juni 2004 die folgenden sechs Absolventen die DECHEMA-Studentenpreise 2004:
Für das Fachgebiet Technische Chemie:
· Andreas Rausch, Universität Oldenburg
· Ariette Schierz, Umweltforschungszentrum Leipzig/Halle GmbH
Für das Fachgebiet Chemische Verfahrenstechnik / Chemieingenieurwesen:
· Norbert Kail, RWTH-Aachen
· Raphael Cholodewicz, Universität Halle-Wittenberg
Für das Fachgebiet Biotechnologie:
· Katharina Merz, Universität Jena
· Stephan Meier, Universität Erlangen-Nürnberg
Die DECHEMA-Studentenpreise werden seit 1994 jährlich vergeben und sollen zur Effizienzsteigerung des deutschen Hochschulstudiums beitragen.
Vorschläge für die Studentenpreise 2005 können bis 15. Januar 2005 bei der DECHEMA eingereicht werden. Vor-schlagsberechtigt sind die Hochschullehrer der genannten Fachrichtungen.
Die DECHEMA (Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V.) ist eine gemeinnützige wissenschaftlich-technische Gesellschaft mit Sitz in Franfurt/Main. Mehr als 5.000 Naturwissenschaftler, Ingenieure und Firmen, Organisationen und Institute gehören ihr heute als Mitglieder an. Ihr Ziel ist, es den technischen Fortschritt auf den Gebieten Chemische Technik, Biotechnologie und Umweltschutz zu fördern und mitzugestalten. Mit ihren vielfältigen Aufgaben ist die DECHEMA Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit.
Kurzfassungen der Preisträgerarbeiten:
Heterogen-katalysierte Hydroaminierung von Ethanol
Andreas Rausch, Universität Oldenburg, Fachgebiet Technische Chemie
Mit seiner Diplomarbeit leistete Andreas Rausch einen Betrag zum besseren Verständnis des Verfahrens der Hydroaminierung. Als Hydroaminierung wird die Reaktion eines Alkohols mit Ammoniak oder einem Amin an einem heterogenen Metallkatalysator unter Wasserstoffatmosphäre bezeichnet. Dies ist ein industriell genutzter Prozeß zur Produktion von Ethylaminen, sie stellen wichtige Zwischen- und Endprodukte in der chemischen Industrie dar.
Herr Rausch führte in seiner Arbeit die Reaktion von Ethanol mit Ammoniak an einem mit Siliziumdioxid geträgerten Kobaltkatalysator durch. Er untersuchte inwieweit die Eduktzusammensetzung, der Anteil an Wasserstoff und die Temperatur die Reaktion beeinflussen. Dabei wurden sowohl Experimente in der Gasphase (an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg) als auch in der Flüssigphase (an der Universität von Kapstadt/Südafrika) durchgeführt. Andreas Rausch gelang es, bei diesen Untersuchungen erstmals Intermediate der Ehtylaminsynthese nachzuweisen. Die Entstehung von linearen gesättigten und ungesättig-ten C3- und C4-Kohlenwassterstoffen läßt auf C-gebundene Oberflächenspezies schließen. Die Bildung der Ethylamine verläuft konsekutiv und der Einfluß des Wasserstoffs auf die Deaktivierung des Katalysators wurde bestimmt.
Herr Rausch setzt dieses Projekt in seiner Dissertation fort, um letztendlich die Hydroamierung so beschreiben zu können, daß sie auch für andere Edukte ausgelegt werden kann.
Oxidation von organischen Verbindungen in wässriger Lösung mit modifizierten
Fenton-Reagenzien
Ariette Schierz, Umweltforschungszentrum Leipzig/Halle GmbH, Fachgebiet Technische Chemie
Im Rahmen ihrer Diplomarbeit erstellte Ariette Schierz Beiträge zur Entwicklung neuer Verfahrenskonzepte zum abiotischen oxidativen Abbau von organischen Schadstoffen in wäßrigem Medium. Die Anwendung des klassischen Fenton-Reagenz, eines Systems aus Eisensalzen und Wasserstoffperoxid, ist ein etabliertes, wenn auch kostenintensives Verfahren zur Reinigung von Schlämmen, Industrie- und Prozeßabwässern. Da hierbei unter aciden Bedingungen gearbeitet werden muß, ergeben sich Einschränkungen in der Anwendbarkeit. Um diese zu überwinden, untersuchte Frau Schierz die Fenton-unterstützte Oxidation von organischen Verbindungen in Gegenwart von gelösten Huminsäuren.
Huminsäuren gehören zu den bedeutendsten natürlichen organischen Substanzen in terrestrischen und aquatischen Systemen und sind nicht toxisch. Im neutralen pH-Wert-Bereich verläuft die Fenton-unterstützte Oxidation von organischen Verbindungen in Anwesenheit von Huminsäure im Vergleich zum klassischen System mit deutlich höheren Umsätzen. Im Hinblick auf eine In-situ Anwendung dieses Systems für die Reinigung von kontaminiertem Grundwasser ergibt sich daraus ein wesentlicher Vorteil. Grundwasser besitzt infolge des Carbonat-Puffersystems eine hohe Pufferkapazität. Verfahren, die eine deutliche pH-Wert-Absenkung erfordern, wären deshalb mit ökonomischen und ökologischen Nachteilen verbunden. Infolge der Erweiterung des anwendbaren pH-Wert-Bereiches bis in den Neutralbereich hinein ist der Einsatz des Huminsäure-unterstützten Fenton-Systems für die Grundwassersanierung denkbar. Ein unvermeidbarer Nachteil ist die geringe Langzeitstabilität des Reaktionssystems, die auf die Oxidation der Huminsäure zurückzuführen ist. Die Anwendung ist deshalb auf leicht oxidierbare Verbindungen, die mindestens so schnell wie Huminsäure reagieren, beschränkt. Positiv ist zu bewerten, daß bei der Fenton-unterstützten Oxidation in Gegenwart von Chlorid und Huminsäure keine signifikante Neubildung von potentiell toxischen nieder- bzw. hochmolekularen chlorierten organischen Verbindungen zu beobachten war.
Frau Schierz fertigte ihre Diplomarbeit am Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle in der Sektion Sanierungsforschung in Kooperation mit dem Institut für Technische Chemie der Universität Leipzig an.
Automatische Synthese von Destillationssequenzen
Norbert Kail, RWTH-Aachen, Fachgebiet Chemische Verfahrenstechnik / Chemieingenieurwesen
Norbert Kail entwickelte und erprobte in seiner Diplomarbeit eine Strategie zum automatischen Generieren von Destillationssequenzen zur Trennung azeotroper Gemische. Seine Arbeit basiert auf einem Shortcut-Verfahren zur Bestimmung des Mindestenergieverbrauchs einer Trennung, der "Rectification Body Method". Die Implementierung der Strategie realisierte er mit Hilfe der Prozeßsynthese-Software "Jacaranda".
Die Fließbildsynthese wurde in drei Schritten durchgeführt. Im ersten Schritt wurden unter Beachtung von Destillationsgrenzen alle möglichen, strukturell unterschiedlichen Fließbildalternativen ohne Rückführungen generiert. Der Suchraum wurde durch eine maximale Anzahl von zulässigen Trenn- und Mischoperationen beschränkt. Im zweiten Schritt wurden für alle Fließbildalternativen die möglichen Rückführungsstrukturen identifiziert und quantitativ berechnet. Im dritten Schritt wurden mit Hilfe der "Rectification Body Method" die Betriebskosten für alle Varianten errechnet und die günstigsten Alternativen abschließend graphisch ausgegeben.
Für Stoffgemische mit bis zu vier Komponenten konnten in vertretbarer Zeit alle sinnvollen Lösungen gefunden werden. Diese Lösungsalternativen können als gute Startwerte für eine rigorose Modellierung und Optimierung genutzt werden. Bei Stoffgemischen mit mehr als fünf Komponenten begrenzt die hohe Rechenzeit die Einsetzbarkeit des Algorithmus.
Herr Kail führte diese Arbeiten in London im Rahmen einer Kooperation des Lehrstuhls für Prozeßtechnik (RWTH Aachen) mit dem Department of Chemical Engineering am University College London mit finanzieller Unterstützung der Ernest-Solvay Stiftung durch.
Simulation des Siloaustrages eines nicht-kohäsiven Granulates mit einer Austragsschnecke unter Verwendung der Diskreten Elemente Methode
Raphael Cholodewicz, Universität Halle-Wittenberg,
Fachgebiet Chemische Verfahrenstechnik / Chemieingenieurwesen
Bei der Handhabung von partikelförmigen Feststoffen spielt deren kontrolliertes Austragen aus Silos eine bedeutende Rolle. In der Industrie werden hierzu unterschiedliche Austragorgane genutzt, wie z.B. Austragschnecken, Bandförderer und Kettenförderer.
Für den störungsfreien Austrag ist es notwendig, die Wechselwirkungen zwischen Schüttguteigenschaften, Silo und Austragsorgan zu kennen. Hierfür sind in den vergangenen Jahren unterstützend zu realen Versuchen immer häufiger computerunterstützte Simulationsprogramme entwickelt und eingesetzt worden, um schnelle und kostengünstige Lösungen für schüttgutmechanische Problemstellungen zu erhalten.
Raphael Cholodewicz untersuchte in seiner Diplomarbeit, das Verhalten einer Austragschnecke unter einem rechteckigen Silo mit keilförmigem Austragtrichter im ebenen Spannungszustand. Besonderes Augenmerk legte er dabei auf die Gewährleistung eines Massenflusses. Um dem Systemcharakter des Austragprozesses Rechnung zu tragen, bedarf es der Betrachtung systemimmanenter Mikroprozesse, wie Partikel/Partikel- und Parti-kel/Wand-Interaktionen. Zu diesem Zweck ist die Diskrete Elemente Methode verwendet worden, ein numerisches Simulationsverfahren, das in der Lage ist, die Zusammenhänge zwischen den mikroskopischen Partikeleigenschaften, den integralen Schüttguteigenschaften und dem makroskopischen Prozessverhalten zu beschreiben.
Die Ergebnisse, die Herr Cholodewicz mit dem Simulationsverfahren erhalten hat, sind vielversprechend. Er konnte Effekte, die bei realen Austragssystemen auftreten, nachstellen. Aufgrund der detaillierten Erfassung und Aufzeichnung dieser Effekte ist es möglich, diese besser zu verstehen und nachzuvollziehen. Die Ergebnisse seiner Arbeit zeigen, daß mit der unterstützenden Modellierung am Computer Schüttgut-durchlaufene Prozesse kostengünstiger konstruiert bzw. bereits bestehende optimiert werden können.
Etablierung einer Bibliothek von Nukleinsäuresonden für axonale Lenkungsmoleküle der Ephrin/Eph-Familie der Maus
Katharina Merz, Universität Jena, Fachgebiet Biotechnologie
Während der Entwicklung des Nervensystems muß den Neuronen zur Ausbildung spezifischer neuronaler Verbindungen der richtige Weg gewiesen werden. Dies geschieht durch Lenkungsmoleküle wie Semaphorine, Netrine, Slits und Ephrine. Sie können in Abhängigkeit ihres Signaltransduktionsweges repulsive wie attraktive Wirkungen entfalten. Den Ephrinen wird dabei hauptsächlich eine repulsive Wirkung zugeschrieben.
Aufgrund der immensen Bedeutung des Ephrin/Eph-Systems erstellte Katharina Merz in ihrer Arbeit eine vollständige Bibliothek an Templates für die Herstellung Digoxigenin-markierter RNA-Sonden für das gesamte Ephrin/Eph-System der Maus. Für die Synthese der Templates wurden durch entsprechendes Primerdesign DNA-Fragmente bestimmter Länge (800-1000 bp) mittels RT-PCR aus mRNA synthetisiert, in einen Vektor kloniert und in E.coli amplifiziert. Danach ermittelte Frau Merz den Markierungsgrad durch in vitro-Transkription synthetisierten Sonden und testete ihr Kreuzhybridisierungsverhalten in einem Dot-Blot. Die gute Qualität der synthetisierten Sonden verspricht aussagkräftige Ergebnisse für die in situ-Analysen.
Mikroverkapselung von T-Lymphozyten
Stephan Meier, Universität Erlangen-Nürnberg, (Diplomarbeit am Deutschen Rheuma Forschungszentrum Berlin), Fachgebiet Biotechnologie
Im Rahmen eines BMBF-Verbund-Projektes wird im Moment die Möglichkeit untersucht, mittels Transplantation von antigen-spezifischen T-Zellen einen immunodefizienten Patienten gegen bestimmte Erreger zu schützen. Innerhalb dieses Projektes soll mittels der Verkapselungstech-nologie in vitro eine effiziente und kontrollierbare Expansionsstrategie entwickelt werden, die die erforderlichen Expansionsraten primärer T-Zellen erlaubt.
Um die Perspektiven eines klinischen Einsatzes der Kapsel-Membran-Technologie abzuschätzen, führte Stephan Meier seine Diplomarbeit als Machbarkeitsstudie durch, um zu zeigen, daß die Verkapselungstechnologie als in vitro Ansatz in der Lage ist, die T-Zell-Proliferation zu erlau-ben. Als Testobjekt wird zunächst eine "Jurkat" T-Zellinie verwendet, deren Expansionsverhalten mittels Durchflußcytometrie (CFDA-SE-Färbung) verfolgt werden kann.
Herr Meier konnte im Rahmen seiner Arbeit beweisen, daß eine Expansion von T-Zellen in Mikrokapseln möglich ist. Die gemessenen geringen Unterschiede zwischen der Expansion der T-Zellen in der Kapselkultur und der Suspensionskultur sind wohl auf Stofftransportlimitierungen durch die Kapselmembran zu erklären. Da jedoch im Sinne der Vergleichbarkeit sowohl Suspensionskultur, als auch Kapselkultur statisch (i.e. ungerührt/ungeschwenkt) kultiviert worden sind, ist dieser Unterschied nicht signifikant. Kapselkulturen erlauben in weiteren Schritten eine rigorose Verbesserung der Zellversorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff, da die Zellen nun durch eine Membran vor schädlichen Schereinflüssen geschützt sind. Die Versuchsergebnisse von Herrn Meier belegen auch, daß eine Mikroverkapselung keine negativen Folgen auf die Vitalität der Zellen hat. Die analoge Expression von CD25 in Kapsel- und Suspensionskultur zeigt, daß eine Diffusion von IL-2, das als Reststimulans eingesetzt worden ist, durch die Kapselmembran frei möglich ist.
In weiteren Versuchen sollen nun die idealen Prozeßparameter untersucht werden, bei denen die Vorteile der Verkapselung die Nachteile überkompensieren, so daß die Expansionsraten der Zellen in Kapseln jene in Suspensionskultur übertreffen. Dazu ist unter anderem die Bestimmung des Diffusionskoeffizienten der Kapselmembran sowie deren Cut-off notwendig.