Ehrendoktorwürde an Dr. Robert C. Gallo, M.D., verliehen
Der Fachbereich Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) hat heute in einer Akademischen Festveranstaltung Dr. Robert C. Gallo, M.D., die Würde eines Ehrendoktors der Medizin verliehen. Die Auszeichnung wurde dem Direktor des Instituts für Humanvirologie an der Universität Maryland in Baltimore/USA "in Anerkennung seiner außerordentlichen wissenschaftlichen Leistungen und Verdienste auf dem Gebiet der Humanvirologie und seiner langjährigen Unterstützung zahlreicher wissenschaftlicher und klinischer Projekte am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf" zuteil.
Der Dekan der Medizinischen Fakultät, Prof. Dr. Rolf A.K.Stahl, würdigte die Forscherpersönlichkeit, die sich durch höchste wissenschaftliche Kreativität auszeichne und geprägt sei von einer ungewöhnlichen Kooperationsbereitschaft mit seinen wissenschaftlichen Kollegen. Damit habe Gallo in bewundernswerter Weise die Stimulation wissenschaftlicher Experimentierfelder bewirkt und zum internationalen Austausch im Interesse des wissenschaftlichen Fortschritts einen maßgeblichen Beitrag geleistet. Von diesen Impulsen habe das Universitätsklinikum über Jahrzehnte dankbar profitiert.
Von besonderer Bedeutung war diese Kooperationsbereitschaft Gallos für Hamburg zu einer Zeit, als die Übertragungswege von HIV-Infektionen noch unbekannt waren. Bereits im Oktober 1984 erhielt der UKE-Infektionsforscher Prof. Dr. Rainer Laufs vom Labor Dr. Gallos menschliche weiße Blutzellen, die mit AIDS-Virus infiziert waren. Diese Lymphozyten eigneten sich als Test-System zum Nachweis von AIDS bei Blutspendern. Deshalb konnten bereits im Januar 1985 im UKE als erstem Klinikum in Deutschland alle Blutspender auf das AIDS-Virus untersucht werden. Mit dem Nachweis wurde es damals möglich, eine Kette von zahlreichen HIV-Infektionen in Hamburg zu verhindern.
Etliche andere Wissenschaftler des Fachbereichs Medizin pflegen eine langjährige wissenschaftliche Kooperation oder haben unter Gallos Leitung gearbeitet.
Auf langjährige Kontakte zwischen Dr. Gallo und Prof. Dr. Rolf-Dietmar Neth (ehemals Abteilung für Klinische Chemie, UKE) sowie Prof. Dr. Axel R. Zander (Knochenmarktransplantation, UKE) ist das renommierte Wissenschaftler-Treffen "Wilsede-Meeting" zurückzuführen, das seit 1972 Leukämieforscher, Immunologen und Stammzellexperten zusammenführt.
Dr. Gallo unterstützt auch seit vielen Jahren die AIDS-Forschungsprojekte der UKE-Arbeitsgruppe von Priv.-Doz. Dr. Hans-Jürgen Stellbrink und Dr. Jan van Lunzen (beide Medizinische Klinik I).
Robert C. Gallo ist Biochemiker und approbierter Arzt. Er leitete von 1972 bis 1995 das Institut für Tumorzellbiologie am National Cancer Institute der National Institutes of Health (NIH), bevor er anschließend die Leitung des Instituts für Humanvirologie an der Universität Maryland in Baltimore übernahm. Er gilt weltweit als einer der angesehensten Virologen und Molekularbiologen. Seine Arbeitsgruppe betreibt Grundlagenforschung zur Krebsentstehung und beschäftigt sich mit der Erforschung von Immunerkrankungen, die durch Viren verursacht sind.
Gallo begann seine wissenschaftliche Karriere mit Arbeiten über die Biologie der weißen Blutzellen, insbesondere über das Wachstum von T-Zellen, und Arbeiten zur Virologie. Wissenschaftlich bahnbrechend waren seine Publikationen zur Funktion eines Proteins, das später als Interleukin-2 bezeichnet wurde. Er war maßgeblich beteiligt an der Charakterisierung dieses Botenstoffs im Immunsystem.
Angeregt durch Arbeiten über die Entstehung von Leukämien bei Katzen wie auch bei Mäusen, begann Gallo sich für Retroviren zu interessieren. Nachdem die Replikation von Leukämie-Viren und anderen Retroviren beschrieben worden war, konnte nun gezielt nach anderen humanen Retroviren gesucht werden.
Gallo und seiner Arbeitsgruppe gelang es 1980, das erste humane Retrovirus, HTLV-1, zu isolieren. Zusammen mit anderen Autoren zeigten sie, dass dieses Retrovirus für die Entstehung einer seltenen Form der humanen Leukämie verantwortlich ist. Zwei Jahre später entdeckte Gallo das zweite humane T-Zell-Virus (HTLV-2), das ebenfalls eine bestimmte Form der Leukämie auslösen kann.
Die Methoden, die zur Entdeckung von HTLV-1 und -2 geführt hatten, wurden nun auch von anderen Gruppen benutzt. So beispielsweise auch von der Arbeitsgruppe um Luc Montagnier am Pasteur Institut in Paris. 1983 berichtete diese französische Gruppe über die Isolierung von HIV. Es gelang Gallo, das Virus zu vermehren und einen Bluttest zu entwickeln, mit dem Antikörper gegen HIV nachgewiesen werden konnten. Zusammen mit der französischen Gruppe wurde in der Folgezeit das HIV-Genom komplett sequenziert.
1986 berichteten Gallo und seine Mitarbeiter über die Entdeckung eines neuen humanen Herpes-Virus (HHV-6), von dem später japanische Kollegen zeigen konnten, dass er kindliche Röteln auslöst. In den Folgejahren konzentrierten sich Gallo und seine Mitarbeiter auf die HIV-Pathogenese und deren molekularbiologische Grundlagen. Sie befassten sich darüber hinaus mit der Pathogenese des Karposi-Sarkoms und entwickelten den ersten Labor-Set zur Kultivierung dieser Zelllinie. In diesem Zusammenhang wiesen sie erstmals auf die Bedeutung von Cytokinen hin.
Seit Beginn der 90er Jahre konzentriert sich Gallo auf die Weiterführung seiner Arbeiten zum Zusammenhang zwischen HIV und AIDS. Gallo und seine Mitarbeiter hoffen, neue Ansätze zur Therapie von AIDS zu finden.