Chaos in Brain? - Neue Ansätze in der Epilepsieforschung
Über 600.000 Menschen leiden in Deutschland an Epilepsie. Bei einem Drittel dieser Patienten wirken Medikamente und andere Therapieansätze nur unzureichend. Unbekannt ist, warum epileptische Anfälle zu einem bestimmten Zeitpunkt auftreten. Um diese und andere Fragen rund um die Epilepsie besser zu verstehen, treffen sich vom 10. bis 12. März 130 Forscher aus zehn Ländern in Bonn. Neben Medizinern werden auch Mathematiker, Physiker und Informa-tiker erwartet. Denn neue Impulse der Chaosforschung geben Medizinern und Patienten Anlaß zur Hoffnung. Durch mathematische Analysen ist es gelungen, epileptische Anfälle bis zu 25 Minuten vor ihrem Auftreten vorherzusagen. Mit Hilfe dieser "Vorwarnzeit" ergeben sich neue Möglichkeiten der Ursachenforschung und Therapie.
Erste Ergebnisse ihrer interdisziplinären Forschung stellen Professor Dr. Steven J. Schiff (George Mason University, Washington), Professor Dr. Peter Grassberger (Forschungszentrum Jülich) und Professor Dr. Christian E. Elger (Universität Bonn) in einer Wissenschafts-Pressekonferenz am 11. März 1999 um 10.00 Uhr im Wissenschaftszentrum Bonn vor.
Die im Volksmund "Fallsucht" genannte Epilepsie hat viele Gesichter: kurzzeitiger Bewußtseinsverlust - ohne Erinnerung an den "Aussetzer", Anfälle mit Verkramp-fungen und Stürzen, die auch zu schweren körperlichen Verletzungen füh-ren kön-nen. Oft treten nur wenige Anfälle pro Monat auf, aber auch bis zu 60 pro Tag sind möglich. Betroffene finden sich in jedem Alter und in jeder Gesell-schaftsschicht.
Die Klinik für Epileptologie in Bonn zählt weltweit zu den führenden Einrichtungen zur Diagnostik und Behandlung von Epilepsiepatienten. Hier entstand auch die Idee, die Elektroenzephalogramme (EEGs) - also die hirnelektrische Aktivität - verschiedener Patienten mathematisch zu analysieren. Basierend auf einer von Professor Grass-berger entwickelten Methode der Zeitreihenanalyse gelang es den Wissen-schaftlern, deutliche Zeichen für einen herannahenden Anfall zu finden: Die betroffenen Hirnregionen zeigen für das normale Gehirn untypisch synchrone Entladungen der Nervenzellen.
In Zukunft sollen diese Erkenntnisse aus der Mathematik und Medizin helfen, die Epilepsie-Herde auch in der anfallsfreien Zeit noch besser als bisher zu lokalisieren und Anfälle vorhersagbar zu machen. In ca. drei bis fünf Jahren, so die Prognose der Forscher, könnte ein implantierbarer Chip epileptische Anfälle im Vorfeld melden und so berechenbarer und vielleicht auch behandelbar machen.
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