Entscheidend ist die richtige Wahrnehmung
"Musiktherapie: Diagnostik und Wahrnehmung" - UWH-Dozenten David Aldrigde und Martina Dembski geben neues Buch zur Musiktherapie heraus
"Auf lange Sicht wird erfolgreiche Gesundheitsversorgung davon abhängen, dass wir uns betreuend der Betreuenden annehmen", schreibt Prof. David Aldrigde, Inhaber des Lehrstuhls für qualitative Forschung an der Universität Witten Herdecke, im Vorwort.
Eine ungewöhnliche Perspektive für den Beginn eines Buches über Musiktherapie. Doch bei einer Therapieform, die besonders den Beziehungskontext zwischen Therapeuten und Patienten in den Mittelpunkt stellt, verwundert eine solche Sichtweise nicht. Für den Erfolg einer Therapie ist ebenso das familiäre Umfeld von entscheidender Bedeutung.
Neben dem Umfeld gibt der Band im Besonderen interessante Einblicke in das "Instrumentarium" des Musiktherapeuten. Trygve Aasgaard arbeit in seinem Beitrag die tiefe Verschränkung von künstlerischer Produktion und therapeutischem Effekt heraus, indem er Schritt für Schritt der Entstehungsgeschichte eines Liedes bei einem krebskranken Mädchen nachgeht: "Durch eine chronologische Untersuchung der Entstehungsgeschichte eines Liedes kann meines Erachtens ein tieferes Verständnis des therapeutischen Einsatzes von Kompositionen erlangt werden", erklärt Aasgard.
Überhaupt bilden das Lied, die Liedproduktion, -variation und darüber die geteilte musikalische Erfahrung von Therapeut und Patienten ein zentrales Element in der Musiktherapie.
Wie kann man den Erfolg von Musiktherapie messen? Dieser Frage geht Tony Wigram in seinem Beitrag "Diagnostische Evaluierung durch Musiktherapie" nach. Denn "eine präzise verbale Darstellung musiktherapeutischer Vorgänge stellt Musiktherapeuten häufig vor eine schwierige Aufgabe", beschreibt der Autor das Dilemma in einer Welt, in der begriffliche Präzision häufig oberstes Dogma ist. Wigram begegnet diesem Anspruch, indem er das therapeutische Schaffen unter eine Reihe systematischer Begriffe stellt wie z.B. "Persönlichkeit und Wesen des Patienten", "Mein eigenes Verhalten als Reaktion auf den Patienten" oder "Musikalische Aktivität und Verhalten des Patienten". Der Band schließt mit einem Beitrag von Ansgar Herkenrath mit dem Titel "Musiktherapie, Gregorianik und Laut-Werdung". Er beschreibt, wie die Ausdruckskraft gregorianischer Modi mit dem Erleben und Wahrnehmen schwer hirnverletzter Menschen zu verbinden sei.
David Aldridge, Martina Dembski (Hg.): Musiktherapie. Diagnostik und Wahrnehmung, Universität Witten Herdecke 2002, 135 S., ISBN: 3980824802
Kontakt: Lehrstuhl für qualitative Forschung in der Medizin, Prof. Dr. David Aldridge, Tel.: 02302/926-774/-780, Fax -783