Surinamische Sprache Trio zwingt zu Ehrlichkeit
Die Sprachforscherin Eithne Carlin aus Leiden hat in einer von der niederländischen Organisation für wissenschaftliche Forschung (NWO) subventionierten Untersuchung entdeckt, dass die surinamische einheimische Sprache Trio sehr präzise mit dem Wahrheitsgehalt von Aussagen umgeht. Carlin ist nahezu fertig mit der Niederlegung der kompletten Grammatik des Trio.
Die Präzision des Trio erschwert eine gute Übersetzung niederländischer Sätze in diese Sprache. Dies führt zu vielen Missverständnissen zwischen der Triobevölkerung und der surinamischen Regierung. Niederländisch ist die offizielle Sprache in Surinam und manchmal wirken niederländisch Sprechende sogar als Lügner. Das Trio enthält zum Beispiel eine sogenannte frustrative Endung. Die Endung drückt aus, dass es eine Erwartung gab, die nicht erfüllt wurde. So sagte ein Staatsbeamter im Niederländischen: "Ich habe gesagt, dass wir eine Schule bauen werden, aber jetzt hat sich erwiesen, dass wir dafür kein Geld haben." Ein Dolmetscher übersetzte dies in das Trio, aber vergaß, die frustrative Endung dem Wort gesagt hinzuzufügen. Jetzt erweckte der Satz den Eindruck als wusste der Beamte während dem Versprechen schon, dass die Schule nie gebaut werden würde.
Das Trio lässt Vagheiten keinen Raum. Wer sagt: "Der Mann ist in die Stadt gefahren", muss in der Verbform angeben, ob er selber gesehen hat, dass der Mann in die Stadt gefahren ist. Wenn der Sprecher kein Augenzeuge war, muss er noch angeben, ob er es vom Hörensagen hat oder von einem indirekten Beweis. In den meisten Sprachen ist diese Präzision nur mit langen Nebensätzen wie im Jargon von Juristen möglich. Die Triobevölkerung spricht immer mit gedämpfter Stimme, fast flüsternd. Mit erhobener Stimme sprechen, ist in ihrer Kultur sehr unanständig. In vielen Fällen ist der Ton eines Gesprächs sogar noch wichtiger als der Inhalt. Es ist nicht verwunderlich, dass auch dies zu Missverständnissen zwischen der Triobevölkerung und dem surinamischen Staat führt. Trio wird von circa 2200 Menschen an beiden Seiten der Grenze zwischen Surinam und Brasilien gesprochen. Sie wohnen über einige Dörfer im Urwald verbreitet. Untereinander kommunizieren die Dörfer jeden Morgen und Abend intensiv über das Radio. Die Bewohner reisen auch viel zwischen den Dörfern in Baumstammkanus mit Außenbordmotoren über die Flüsse. Ferner ist die Lebensweise noch ziemlich traditionell. Die Triobevölkerung lebt von der Jagd und dem Ackerbau.
Nähere Informationen bei Dr. Eithne Carlin (Universität Leiden, Abteilung Vergleichende Sprachwissenschaften), Tel. +31 (0) 71 5127659, Email: e.b.carlin@let.leidenuniv.nl. Eithne Carlin veröffentlicht zusammen mit Jacques Arends im September einen englischsprachigen Atlas aller Sprachen in Surinam: "Atlas of the Languages of Suriname." Verlag KITLV Press, Leiden.