Integration statt "Verschiebebahnhof"
Bertelsmann Stiftung legt Konzept zur Reform von Arbeitslosen- und Sozialhilfe vor
Gütersloh, 23. Juni 2002. Die Bertelsmann Stiftung hat ein Konzept zur Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einem steuerfinanzierten Integrationssystem vorgelegt. Mit einer raschen Umsetzung könnten Bürokratie abgebaut und die Chancen für eine Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in ein Beschäftigungsverhältnis erheblich verbessert werden. Bei der Erarbeitung ihres Vorschlages wurde die Stiftung von einer Sachverständigenkommission beraten. "Die Zusammenlegung beider Hilfesysteme ist unbedingt notwendig, um Ungerechtigkeiten zu beseitigen und mit dem bisherigen 'Verschiebebahnhof' zwischen Arbeitsverwaltung und Kommunen Schluss zu machen", sagte Frank Frick von der Bertelsmann Stiftung.
Zentrales Anliegen des Reformkonzeptes ist die schnellere und bessere Integration von erwerbslosen Personen in den Arbeitsmarkt. Der Staat solle durch aktivierende Maßnahmen stärkere Anreize zur Wiederaufnahme von Beschäftigung setzen und Eigeninitiative anregen. Die Geldleistung müsste an der Bedürftigkeit des Einzelnen ausgerichtet sein und den Lebensunterhalt sichern. Zugleich sollten die Bezieher der neuen Transferleistung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und der Pflegeversicherung unterliegen. Eine befristete Einbeziehung in die gesetzliche Rentenversicherung sei zu prüfen, sagte Frick.
Die bisherige Trennung in Arbeitslosen- und Sozialhilfe führe zu einem völligen Nebeneinander beider Systeme und Behörden (Arbeitsamt und Kommune). Die Folge seien sogenannte 'Verschiebebahnhöfe', um die eigenen Kosten zu Ungunsten des jeweils anderen Systems zu senken. "Zwei überwiegend steuerfinanzierte Hilfesysteme für dieselbe Zielgruppe sind intransparent und ziehen durch die unterschiedlichen Verwaltungsstrukturen eine teure und kaum überschaubare Bürokratie nach sich", kritisierte Frick. Es sei politisch nicht zu begründen, warum langzeitarbeitslose Arbeitslosenhilfeempfänger umfangreiche Integrationshilfen aus dem Topf der Bundesanstalt für Arbeit erhielten, langzeitarbeitslose Sozialhilfeempfänger aber auf freiwillige Angebote der Kommunen angewiesen seien.
Das Reformkonzept soll für alle Personen mit einem Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosen- und Sozialhilfe zwischen dem Ende der Schulpflicht und dem 65. Lebensjahr gelten, bei denen das Ziel der (Re-)Integration in nicht subventionierte Erwerbstätigkeit möglich erscheint. Das System der Arbeitslosenversicherung mit dem Anspruch auf Arbeitslosengeld und das System der Sozialhilfe für nicht arbeitsfähige Personen bleiben von dem Vorschlag unberührt.
Die Konzentration der Aufgaben in einem neuen einheitlichen Hilfesystem ist mit erheblichen Finanzverschiebungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen verbunden. Derzeit gibt der Bund rund 13 Mrd. Euro für Arbeitslosenhilfe aus. Die Ausgaben der Kommunen für Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt erwerbsfähiger Sozialhilfeempfänger belaufen sich auf etwa 5 Mrd. Euro. Hinzu kommen noch rund 4 Mrd. Euro aus dem Etat der Bundesanstalt für Arbeit, die im Rahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik für Arbeitslosenhilfeempfänger ausgegeben werden. Die Kommunen wenden für ähnliche Beschäftigungsmaßnahmen für Sozialhilfeempfänger noch einmal rund 1 Mrd. Euro auf. "Nur wenn alle Akteure ihre Ressourcen einbringen und das Geld aus einer Hand fließt, kann es wirklich effektiv eingesetzt werden", sagte Frick.
Rückfragen an: Frank Frick, Telefon: 0 172 / 52 43 111
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