Bilanz:10 Jahre Hochschulkooperation NRW und GUS-Staaten
Das Hochschulwesen in Russland hat sich in den letzten zehn Jahren erfolgreich modernisieren und dabei westlichen Standards annähern können. Dies ist das Fazit der 9. Arbeitsbesprechung über Hochschulkontakte zwischen Russland und NRW, die im November 2001 stattgefunden hat. Dass nicht alles Gold ist, was glänzt, zeigen die Ergebnisse, die jetzt im Sammelband "Vom Sinn und Unsinn westlicher Förderung in Russland" zusammengefasst sind.
Bochum, 12.02.2003
Nr. 40
Es ist nicht alles Gold, was glänzt
Zwischen echter Kooperation und Mitnahmeeffekten
Bilanz:10 Jahre Hochschulkooperation NRW und GUS-Staaten
Das Hochschulwesen in Russland hat sich in den letzten zehn Jahren erfolgreich modernisieren und dabei westlichen Standards annähern können. Dies ist das Fazit der 9. Arbeitsbesprechung über Hochschulkontakte zwischen Russland und NRW, die im November 2001 stattgefunden hat. Dass nicht alles Gold ist, was glänzt, zeigen die Ergebnisse, die jetzt im Sammelband "Vom Sinn und Unsinn westlicher Förderung in Russland" zusammengefasst sind. Herausgeber sind die RUB-Slawisten Prof. Dr. Dr. h.c. Karl Eimermacher und Dr. Ursula Justus. Prof. Eimermacher ist seit 1993 NRW-Beauftragter für Hochschulkontakte zwischen Hochschulen in NRW und der GUS. Er gehört zu den führenden Slawisten in Deutschland.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion
Nach der Auflösung der Sowjetunion, kam es in Russland zu einer grundlegenden Neuorientierung in Wissenschaft und Forschung. Ziel der Reformen war es, das vorhandene Bildungssystem für den wissenschaftlichen Wettbewerb mit dem Westen konkurrenzfähig zu machen. Der Westen half dabei, um die Folgen des Kalten Krieges zwischen West und Ost auch in der Wissenschaft zu beseitigen. Ob diese Hilfe sinnvoll angelegt und effizient durchgeführt wurde, darüber gibt jetzt der neu erschienene Sammelband Auskunft. Darin ziehen deutsche und russische Wissenschaftler eine kritische Zwischenbilanz der deutsch-russischen Wissenschaftsbeziehungen. Darüber hinaus schlagen sie Wege für eine verbesserte Zusammenarbeit vor.
Von Devisen ...
Zwar hat sich die westliche Hilfe als segensreich erwiesen, weil sie den Reformprozess in den GUS-Staaten beschleunigte; Lehre und Forschung modernisieren half. Allerdings sei die westliche Hilfe bei der Umstrukturierung der russischen Hochschulen nicht konfliktfrei verlaufen. So schreibt Eimermacher in seinem Eingangsbeitrag "Von Geldern und Menschen": "Die deutschen/westlichen Kooperationsenthusiasten wurden nicht selten von cleveren, schnell lernenden Russen für Eigeninteressen benutzt. Sobald dann keine Devisen von westlicher Seite mehr zur Verfügung standen, fungierte das verfolgte Projekt für den russischen Partner nicht mehr als Anstoß für weitere Eigeninitiativen, sondern war nur noch eine folgenlose 'Maßnahme'('meroprijatie')." Es ist auch vorgekommen, dass beide Seiten in ihren Beziehungen ausschließlich von persönlichen Vorteilen geleitet wurden. Bei einem Großteil der Projekte haben jedoch Deutsche wie Russen versucht, das Beste für das gemeinsame Projekt zu erreichen und sich mit voller Kraft eingebracht.
... und nachhaltigen Projekten
Prof. Eimermacher kritisiert aber auch die Förderpraxis westlicher Institutionen. Die EU vergibt nur dann Geld, wenn mindestens drei Partner gleichberechtigt an dem Projekt beteiligt sind. Dies verursacht hohe Koordinationskosten. Auch hat sich die nur dreijährige Förderdauer nicht bewährt. Eine Konsequenz, die aus den Beiträgen der Veröffentlichung gezogen werden kann, ist daher, dass Förderung nur dann sinnvoll ist, wenn sie die Nachhaltigkeit der Projekte sicherstellt und bestehende Projekte besser vernetzt.
Weiteren Themen
In weiteren Beiträgen gehen die beteiligten Wissenschaftler detailliert auf die deutsch-russische Zusammenarbeit ein und analysieren sehr offen die Stärken und Schwächen der westlichen Förderung in Russland. So hinterfragt Manfred Heinemann die Hochschulreform in der postkommunistischen Gesellschaft, Galina Paramei untersucht die Rolle russischsprachiger Veröffentlichungen in der internationalen Szene, der RUB-Osteuropaexperte Prof. Dr. Bernd Bonwetsch fasst acht Jahre Kooperationserfahrung zwischen der RUB und der russischen Staatsuniversität Kemerovo zusammen, seine Kollegin Svetlana Kibardina weist in ihrem Beitrag den Weg zu einer erfolgreichen Kooperation russischer und deutscher Hochschulen.
Titelaufnahme
Karl Eimermacher, Ursula Justus (HG.): Vom Sinn und Unsinn westlicher Förderung in Russland, Ruhr-Universität Bochum, Bochum 2002, ISBN: 3-932382-18-8
Weitere Informationen
Prof. Dr. Dr. h.c. Karl Eimermacher, Dr. Ursula Justus, Lotmann-Institut für russische und sowjetische Kultur der Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-23370/-25157; E-Mail: Karl.Eimermacher@ruhr-uni-bochum.de; Ursula.Justus@ruhr-uni-bochum.de