Röntgen: Schadet weniger mehr?
Schwache Röntgenstrahlung schadet dem Erbgut möglicherweise mehr als bisher angenommen. Biophysiker der Universität des Saarlandes haben jetzt nachgewiesen: Je geringer die Strahlendosis, desto länger dauert auch die Reparatur der geschädigten Zelle. Was dies für das Krebsrisiko bedeutet, soll in den nächsten Monaten untersucht werden.
"Je niedriger die Strahlendosis, desto besser", lautete lange Zeit die allgemeine Empfehlung beim Röntgen. Diese Regel hält jedoch den neuesten Erkenntnissen der Forschung nicht mehr stand: In Experimenten an Zellkulturen haben die Homburger Biophysiker Prof. Dr. Markus Löbrich und Dr. Kai Rothmann herausgefunden, dass stark beschädigte Zellen sich weitaus schneller wieder reparieren als wenig beschädigte.
Prof. Löbrich und Dr. Rothmann untersuchten, wie menschliche Lungenzellen auf unterschiedlich hohe Strahlenmengen reagieren. Im Zentrum ihres Interesses standen die Brüche des Doppelstrangs der DNS (DesoxyriboNukleinSäure) - sie gelten als die gefährlichsten Strahlungsschäden am Erbgut, da sie Krebs auslösen können. Die wichtigsten Ergebnisse der Beobachtungen: Mit der Strahlenmenge stieg auch die Zahl der Doppelstrang-Brüche an. Anders als Zellen, die einer Strahlung von weniger als einem Milligray (= Tausendstel Joule pro Kilogramm) ausgesetzt wurden, konnten sich die stärker bestrahlten Zellen allerdings innerhalb kurzer Zeit selbst reparieren - nach 24 Stunden waren die meisten der Doppelstrang-Brüche wieder beseitigt. Bei den schwach bestrahlten, und damit auch weniger beschädigten Zellen kam das von der Natur vorgegebene Reparaturprogramm entweder erst sehr viel später oder gar nicht in Gang.
Ob von diesen Erkenntnissen abgeleitet werden kann, dass geringere Strahlendosen auch ein größeres Krebsrisiko bedeuten als bisher angenommen, soll in Folgestudien geklärt werden.
Veröffentlicht haben Prof. Löbrich und Dr. Rothkamm ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der amerikanischen Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS). Der Artikel kann aus dem Internet heruntergeladen werden unter http://www.pnas.org/ (Artikel direkt unter http://www.pnas.org/cgi/reprint/0830918100v1.pdf).
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Prof. Dr. Markus Löbrich (Tel.: 06841/ 16-26202, Fax: 06841/ 16-26160, E-Mail: markus.loebrich@
uniklinik-saarland.de) oder Dr. Kai Rothmann
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