Frühzeitig die Arbeit des Hausarztes kennen lernen
Die Medizinische Fakultät Heidelberg hat die ersten 23 Allgemeinarztpraxen in der Region als "Akademische Lehrpraxen" für die Ausbildung ihrer Medizinstudenten akkreditiert
Am Mittwoch, dem 24. September 2003, wurde den ersten 23 Lehrpraxen der Medizinischen Fakultät Heidelberg ihre Akkreditierungsurkunde feierlich vom Dekan der Medizinischen Fakultät Heidelberg, Prof. Dr. Hans-Günther Sonntag, überreicht. Sie können nun den Titel "Akademische Lehrpraxen" führen und sind analog den "Akademischen Lehrkrankenhäusern" offiziell ermächtigt, an der medizinischen Lehre teilzunehmen.
"Der Unterricht durch niedergelassene Hausärzte ist mittlerweile ein wichtiger Bestandteil der ärztlichen Ausbildung und ergänzt die Ausbildung in der Theorie und am Krankenbett", erklärt Prof. Dr. Joachim Szecsenyi, der als Leiter der Sektion Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg das Akkreditierungsverfahren vorangetrieben hatte. Denn wer Arzt werden will, sollte frühzeitig den Alltag einer Hausarztpraxis kennen lernen. Medizinstudenten müssen wissen, mit welchen Beschwerden die meisten Patienten in eine Praxis kommen, wie sie unmittelbar versorgt werden und welches Management chronisch kranke Patienten erfordern, die der Hausarzt gemeinsam mit Fachärzten in Klinik und Praxis betreut.
In Heidelberg wird deshalb seit 1995 ein von den Allgemeinärzten Thomas Amon und
Armin Wiesemann entwickeltes Hospitationsprogramm für Medizinstudenten in der vorklinischen Studienphase durchgeführt; für den klinischen Abschnitt wird ein Blockpraktikum eingerichtet. Auch das neue praxisorientierte klinische Lehrprogramm Heicumed sieht vor, dass die angehenden Ärzte sich intensiver mit der praktischen Allgemeinmedizin befassen.
Hausarztpraxen wurden nach festen Kriterien begutachtet
Vor ihrer Akkreditierung werden die Hausarztpraxen nach festgelegten Kriterien auf ihre Eignung als Lehrpraxis überprüft. Wichtige Kriterien sind: Was können die Studenten in der Praxis lernen? Welche Qualität und welchen Umfang kann die Lehre einnehmen? Wie sind die Praxis und ihre Arbeitsabläufe strukturiert? Sind die Lehrenden bereit, an den Lehr-Qualitätszirkeln teil zu nehmen und bietet die Praxis ein klassisch allgemein- und schulmedizinisches Arbeitsspektrum?
Um diese Kriterien zu prüfen, wird die Praxis von der Abteilungsleitung besucht, wobei eine derartige "Akkreditierungsvisite" in dieser Form neuartig ist. Die finanzielle Entschädigung pro Tag ist für eine Lehrpraxis mit 40 Euro niedrig. Dennoch zeigten die Hausärzte im Raum Heidelberg/Karlsruhe/Pforzheim ein großes Interesse: Von insgesamt 230 bisherigen Lehrpraxen haben sich rund 100 um die Akkreditierung beworben, die ersten 23 konnten nun akkreditiert werden; insgesamt wird eine Zahl von mindestens 160 angestrebt..
Was sollen die Studenten lernen? "Der Hausarzt hat eine besondere Arbeitsweise", sagt Privatdozent Dr. Armin Wiesemann, Koordinator der allgemeinmedizinischen Lehre an der Heidelberger Fakultät. "Seine Behandlungsmaßnahmen sind in erster Linie orientiert an der Behandlung von Symptomen und Beschwerden häufiger Krankheitsbilder wie Diabetes, Rückenschmerzen, koronarer Herzkrankheit oder Asthma, dienen aber auch der Vorbeugung. Gleichzeitig ist er ein Lotse, der den Patienten dem richtigen Partner im Gesundheitswesen zuweist, um spezielle Probleme zu lösen."
Umfrage bei Medizinstudenten: Praxisprogramm mit positiver Resonanz
Bei den Studenten findet die Aufwertung der Allgemeinmedizin in ihrem Studienkatalog großen Anklang. Dies hat auch eine Umfrage zum Hospitationsprogramm gezeigt, das seit 1995 läuft und bereits in der vorklinischen Ausbildung einen Einblick in die praktische Medizin gibt. In den ersten Semestern hospitieren die Studierenden mindestens 4 Tage in einer Allgemeinarztpraxis, im klinischen Abschnitt mindestens 5 Tage; danach sind Berichte zu erstellen, die in Begleitseminaren besprochen werden. Die meisten Studenten waren zufrieden mit ihrer Praxis, einige sogar begeistert; viele hat der frühe Kontakt mit der Praxis motiviert. Doch es gab gelegentlich auch kritische Stimmen, die eine noch stärkere Einbindung in den Praxisalltag forderten. Um die Qualität der Lehre sicher zu stellen, wurden darauf hin 13 regionale Qualitätszirkel eingerichtet, in denen die Allgemeinärzte unter fachlicher Supervision Inhalte und Methoden der Lehre erarbeiten und ihre Erfahrungen besprechen.
Prof. Szecsenyi und Priv.-Doz. Wiesemann versprechen sich - wie auch die Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg - von der Akkreditierung für zunächst drei Jahre eine weitere Verbesserung und Praxisnähe der Ausbildung von Medizinstudenten.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Joachim Szecsenyi: 06221 / 56-4743 (Sekr.), oder
Joachim_Szecsenyi@med.uni-heidelberg.de (Email)
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