RUB-Dissertation: Wahlkampf nach dem "Baukasten-Prinzip" in Chile
Den Wahlkampf in Chile bestreiten die Parteien nach dem Baukasten-Prinzip: Sie kombinieren moderne und traditionelle Elemente. Zu diesem Ergebnis kommt der Bochumer Publizist und Politologe Dr. Markus Moke in seiner Dissertation "En Campaña - Wahlkampf in Chile zwischen Modernität und Tradition". Moke untersuchte die Parteienspots der Parlamentswahl 1997, nahm zugleich aber auch die traditionellen Wahlkampfstrategien und -medien unter die Lupe.
Bochum, 11.02.2004
Nr. 46
Die Macht bewegter Bilder
Chilenische Wahlspots unter der Lupe
RUB-Publizist: Tradition und Moderne im Wahlkampf
Den Wahlkampf in Chile bestreiten die Parteien nach dem Baukasten-Prinzip: Sie kombinieren moderne und traditionelle Elemente. Zu diesem Ergebnis kommt der Bochumer Publizist und Politologe Dr. Markus Moke in seiner Dissertation "En Campaña - Wahlkampf in Chile zwischen Modernität und Tradition", die vor kurzem im LIT-Verlag erschienen ist. "Auch in Chile haben die Parteien und ihre Spitzenkandidaten das Fernsehen als vermeintlich wirksamstes Wahlkampfmedium entdeckt", so Moke. Der Wissenschaftler untersuchte die Parteienspots der Parlamentswahl 1997, nahm zugleich aber auch die traditionellen Wahlkampfstrategien und -medien unter die Lupe.
Wahlspots zur besten Sendezeit
Erst Anfang der 90er Jahre vollzog Chile den Wechsel von einer Militärdiktatur zu einer Demokratie. Wie in Europa und Nordamerika, sind auch in Chile mittlerweile Parteienfilme im Wahlkampf keine Seltenheit mehr. Die Kandidaten der Parteien präsentieren sich darin bewusst volksnah. Die so genannte "franja política" im Fernsehen gilt zudem als Prestigeobjekt, mit dem sich durchweg alle Parteien schmücken - obwohl die Produktion eines einzigen Spots oft mehr als 100.000 US-Dollar verschlingt. Das chilenische Wahlgesetz sichert den Parteien und unabhängigen Kandidaten zudem vor einer Parlamentswahl täglich zusammen eine halbe Stunde kostenlose Werbezeit zu. Die Parteien sind dennoch kaum zu unterscheiden, so das Ergebnis von Mokes Sequenzanalyse. Die Austauschbarkeit der Inhalte und der Präsentationsformen wertet Moke als Reaktion auf die Veränderungen in der politischen Kultur sowie auf die wachsende Politikverdrossenheit der Chilenen.
Keine Kopie des US-Wahlkampfs
Die Erkenntnis, dass "der Einfluss des Fernsehens wahlentscheidend sein kann", ist auch auf Chile übertragbar. Obgleich die Bedeutung des Fernsehens im Wahlkampf zugenommen habe, sei der Parteienwahlkampf bislang noch nicht zu einem reinen Fernsehwahlkampf verkommen, so Mokes Resümee. Das Radio sei nach wie vor ein beliebtes Wahlkampfmedium. Trotz des weit verbreiteten Einsatzes modernster Technik greifen chilenische Politiker gern auch auf bewährte, traditionelle Wahlkampfelemente wie das "puerta a puerta", den Wahlkampf von Tür zu Tür, zurück. Daher widerspricht der Wissenschaftler auch der gängigen Einschätzung, der chilenische Wahlkampf sei eine bloße Kopie US-amerikanischer Wahlkämpfe. Vielmehr verfahren die Parteien nach dem "Baukasten-Prinzip": Sie verbinden Elemente des internationalen politischen Marketings mit traditionellen Elementen.
Der Autor
Dr. Markus Moke, Jahrgang 1968, studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Sprach- und Kommunikationspsychologie, Politikwissenschaft und Journalistik an den Universitäten Bochum, Santiago und Concepción (Chile). 2003 wurde er über den Wahlkampf in Chile promoviert. Seine Forschungsschwerpunkte sind: politische Kommunikation, politische PR, Mediensysteme, internationale Kommunikation (internationaler Informationsfluss) sowie vergleichende Regierungslehre.
Titelaufnahme
Markus Moke: En Campaña - Wahlkampf in Chile zwischen Modernität und Tradition, Münster 2004, LIT-Verlag, 312 Seiten, 29,90 Euro, ISBN 3-8258-7312-9
Weitere Informationen
Dr. Markus Moke, E-Mail: Markus.Moke@ruhr-uni-bochum.de